Die Tücken des DB-Online-Tickets

Durch die (Eisenbahn-)Medien geistert zurzeit der Fall einer Russin, die mit Hilfe der Bundespolizei aus dem Zug geworfen wurde. Beide Seiten stellen den Vorgang unterschiedlich dar, der Knackpunkt scheint aber zu sein, dass die Kundin ein Online-Ticket hatte, zu dessen Identifizierung sie einen russischen Pass angegeben hatte. Dies lassen jedoch die Beförderungsbedingungen der DB nicht zu, denn danach sind nur BahnCard, Kreditkarte und der Personalausweis bestimmter Länder (darunter nicht Russland) zur Identifizierung möglich. Unabhängig von der Frage, was darüber hinaus nun zum Polizeieinsatz geführt hat, frage ich mich, warum diese Einschränkung nötig ist. Ich habe schon bei den Bahnen verschiedener Länder Online-Tickets gekauft, und keine davon war bei der Identitätsfeststellung so restriktiv wie die DB. Bei der Renfe in Spanien etwa kann ein beliebiger Ausweis zur Identifizierung angegeben werden, und bei der französischen SNCF muss sogar nur der Name angegeben und ein gültiger Ausweis (gleich welchen Landes) mitgeführt werden. Nun könnte man argumentieren, dass die Reservierungspflicht im Fernverkehr in diesen Ländern das Missbrauchspotenzial senkt, und in der Tat wollte dort kein Zub meinen Ausweis sehen, in Spanien nicht mal das Ticket. Aber auch in Belgien diente lediglich der Name als Kontrollmerkmal, und dort gibt es im Inlandsverkehr weder Zugbindung noch Reservierungspflicht.

Vor diesem Hintergrund ist mir nicht ganz klar, warum die DB nur bestimmte Karten, die noch dazu vorher mit Nummer und Ablaufdatum angegeben werden müssen, als Identitätsnachweis akzeptiert. Bei einem Online-Ticket müssen vor allem zwei Dinge sichergestellt sein: Es muss echt sein und es darf nur einmal benutzt werden. Ersteres wird in der Regel durch einen Barcode auf dem Ticket, der mit dem mobilen Kontrollgerät des Zub gelesen wird, oft auch mit in den Hintergrund eingewobenen Schriften und Ähnlichem sichergestellt. Für letzteres muss es eine zentrale Liste geben, in der die gültigen Tickets hinterlegt und nach der Nutzung gestrichen bzw. die Scans abgeglichen werden. Natürlich muss jedes gültige Ticket auch mit einem Käufer verknüpft sein, der im Falle einer Mehrfachnutzung haftbar gemacht wird. Daher hat natürlich auch dieser ein Interesse daran, dass ein Ticket nur einmal genutzt wird.

Meines Erachtens wären aber beide Sicherheitsmerkmale auch ohne die aufwendige Verknüpfung mit einer bestimmten Identitätskarte vorhanden. Würde auf dem Ticket nur der Name stehen, könnte rein theoretisch ein anderer Jan Zbikowski mit dem Ticket fahren. Hier muss aber ohnehin der Schutz vor Mehrfachnutzung greifen, denn da es auch nicht zuggebundene OTs gibt, könnte ich ja auch selber mit dem gleichen Ticket mehrmals fahren. Warum aber andererseits das Ticket ungültig sein soll, wenn ich versehentlich bei der Nummer meiner BahnCard oder meines Ausweises einen Zahlendreher einbaue, bleibt wohl ein Geheimnis der DB.

Nachtrag: In dem Fall, der die Berichterstattung auslöste, ging es wohl nicht um ein bei der DB gebuchtes Online-Tickets, sondern um eins von → Ltur, wo „last minute“ Restkontingente von Bahnfahrscheinen verkauft werden. Dort sind noch weniger Identifizierungskarten zugelassen als bei der DB, meine Kritik gilt natürlich sinngemäß (siehe auch die Kommentare).

50 Minuten …

… habe ich am Mittwoch für den Weg von der Innenstadt zur Arbeit gebraucht, eine Fahrt, die normalerweise zehn dauert. Dabei hatte ich mich schon so gefreut, dass ich nicht noch zehn Minuten auf den Bus warten musste, sondern außerhalb des Takts einer kam. Zur Mittagszeit ist das wegen des Schülerverkehrs nicht ungewöhnlich, die entsprechenden Fahrten verkehren auch nur an Schultagen. Unterwegs merkte ich, dass die Haltestellenanzeige den nächsten Halt in Großostheim anzeigte, ging aber davon aus, dass sie einfach falsch ging. Aber Pustekuchen: Der Busfahrer hielt an „meiner“ Haltestelle nicht an, sondern fuhr tatsächlich weiter. Halb so wild, dachte ich, die Linie 55 fährt ja gleich von Großostheim wieder zurück. Im Prinzip stimmte das auch – nur leider nicht von der Haltestelle, an der ich stand, und die richtige war nicht zu finden. Also hieß es gut 20 Minuten warten, bis der nächste 54er-Bus auftauchte, der mich dann die ca. 3 km wieder mit zurück nach Nilkheim nahm. Den Kollegen fiel mein langes Wegbleiben zum Glück nicht auf, da es noch als verlängerte Mittagspause durchging.

Trotzdem frage ich mich, ob ich einfach besser hätte aufpassen müssen oder ob man hier noch an der Fahrgastinformation arbeiten kann. Die Aushangfahrpläne der Regionalbusse sind so aufgebaut wie die von Zügen: es wird jede Fahrt einzeln mit einigen wenigen Zwischenhalten und der Endstation angegeben. Beim genaueren Hinsehen hätte ich daraus, dass als Zwischenhalt nicht „Nilkheim, Polizei“, sondern eine Haltestelle in Großostheim angegeben war, schon schließen können, dass der Bus zwischendurch nicht hält. Das muss man aber auch erst einmal wissen; einen expliziten Hinweis gab es auf dem Aushangfahrplan genau so wenig wie am Fahrzeug. Obwohl mein Ärger über diese Odyssee inzwischen verraucht ist, habe ich mal bei der VU angeregt, dies etwas deutlicher zu kennzeichnen, z.B. durch einen Zusatz bei der Liniennummer oder einen Hinweis im Fahrplan.

Jetzt wünsche ich euch aber erst einmal, dass der Frühling bald Einzug hält und dann natürlich schon einmal:

Frohe Ostern

Dann eben kein Link

Deutsch: Das Thema ist zwar nicht neu und hat nicht direkt mit Verkehrspolitik zu tun, trotzdem regt es mich immer noch auf: Auch im Jahr 2013 gestatten manche Verkehrsunternehmen (vor allem aus Belgien, Großbritannien und Frankreich) Links auf ihre Websites nicht oder nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung.
Meiner Meinung nach haben die betreffenden Unternehmen nicht verstanden, wie das Internet funktioniert. Da ich aber keine Anwaltspost im Briefkasten haben möchte, halte ich mich an die Regel und beantrage auch keine Genehmigung. Das ändert nichts daran, dass ich die Seiten für Recherchen zu den jeweiligen Unternehmen empfehle. Wirklich geheim sind die Adressen auch nicht, zu 99% folgen sie dem Schema www.[unternehmenskürzel].[länderkürzel] . Das restliche Prozent lässt sich über Suchmaschinen herausfinden (ob die wohl eine Genehmigung haben?).

English: It’s not a new issue and it hasn’t got anything to do directly with transport policy, but it still annoys me: Even in 2013, some public transport companies (especially from Belgium, the UK and France) do not allow links to their websites at all or without prior written consent.
In my opinion, those companies haven’t understood how the Internet works. However, as I do not like to receive mail from lawyers, I obey the rule and don’t apply for a permission. This does not change anything about the fact that I recommend the sites for any inquiries about the respective companies. Furthermore, the addresses are not really secret; 99% of them follow the scheme www.[company acronym].[country code] . The remaining percent can be found using search engines (do they have a permission?).

Français: Ce n’est pas un nouveau sujet, et il n’a rien directement à voir avec La politique des transports, mais ça me met encore en colère: Même en 2013, quelques compagnies de transports en commun (spécialement en Belgique, Grande-Bretagne et France) interdisent des liens vers leurs sites web en général ou sans autorisation écrite préalable.
A mon avis, les compagnies en question n’ont pas compris comment fonctionne l’internet. Cependant, comme je NE voudrais pas recevoir du courrier des avocats, j’observe la règle et je ne demande pas d’autorisation. Cela ne change rien du fait que je recommends les sites pour des recherches concernant les compagnies en question. En outre, les adresses ne sont pas vraiment secrètes; 99% d’entre eux suivent le schéma www.[acronyme de la compagnie].[code du pays] . Le pourcent restant peut être trouvé en utilisant des moteurs de recherche (est-ce qu’ils ont une autorisation?).

Nederlands: Het is geen nieuw onderwerp en het heeft niet direct iets met transportbeleid te maken, maar het beroert me nog steeds: Ook in 2013 verbieden sommige vervoersbedrijven (vooral in België, Groot-Britannië en Frankrijk) links op hun pagina’s – helemaal of zonder vorafgaande schriftelijke toestemming.
Volgens mij hebben deze bedrijven niet echt begrepen hoe het internet werkt. Omdat ik echter geen post van advocaten in mijn brievenbus wil hebben, accepteer ik de regel en vraag ook niet om een toestemming. Dat verandert er niets aan dat ik de pagina’s voor recherches over de desbetreffende bedrijven wel aanbeveel. Bovendien zijn de adressen niet echt geheim; 99% van ze volgen het schema www.[afkorting van het bedrijf].[landcode] . Het verblijvende procent kan met zoekmachines worden gevonden (hebben die een toestemming?).

Überraschung

Nach meinem unfreiwilligen Zugteilwechsel am 21. Dezember hatte ich die DB darauf hingewiesen, dass das Enden des Zugteils in KKDT nicht mehr auf dem Wagenstandsanzeiger in NAH angegeben ist. Gestern bekam ich ein Schreiben mit Datum vom 24. Dezember. Inhalt: eine Entschuldigung (auch für die Verspätung, die ich ohne Beschwerde hingenommen hatte) und ein Reisegutschein über 15 Euro. Dafür wechselt man doch gerne mal mit Sack und Pack den Zugteil. Vielen Dank an die Deutsche Bahn!

An-Schlüssig

Wie aufmerksame Leser meines Blogs ja wissen, habe ich viele Wünsche an das Aschaffenburger Busnetz. Einer davon geht tatsächlich zum Fahrplanwechsel in Erfüllung: Die Fahrpläne der Busse werden so verschoben, dass die Abfahrten am ROB künftig zu jeder vollen Viertelstunde stattfinden. Dieser scheinbar kleine Maßnahme erforderte natürlich bei den Stadtwerken einige Planung, hat dafür aber auch einige recht praktische Effekte: Vor allem funktionieren künftig die Anschlüsse von den Zügen besser. Vom RE aus Richtung FF (vermutlich für mich wie für die meisten Aschaffenburger der meistgenutzte Zug) kann man künftig auch bei leichter Verspätung den Bus noch erreichen, und wenn der nachfolgende ICE pünktlich ist, klappt es auch damit noch ohne Rennen. Der neue Fahrplan hat außerdem den Vorteil, dass er dieselbe Symmetrieminute hat wie der der Bahn, so dass Anschlüsse in beiden Richtungen gleich gut (oder natürlich gleich schlecht) funktionieren. Das Ganze ist besonders zu den Zeiten praktisch, zu denen die Busse nicht im Viertelstundentakt fahren, denn da bedeutet ein Verpassen eine halbe oder gar eine ganze Stunde Wartezeit (bzw. eine Taxifahrt/einen Fußmarsch).
Zwei kleine Nachteile ergeben sich aus meiner Sicht: Zum einen muss ich künftig etwa zehn Minuten früher los, wenn ich nach Darmstadt möchte, denn fünf Minuten Umsteigezeit sind ein wenig knapp. Zum anderen fahren Stadt- und Regionalbusse auf meiner „Hausstrecke“ dann gleichzeitig, es ergibt sich also de facto weniger oft eine Fahrmöglichkeit. Beides kann ich aber sicher verschmerzen. Bleibt als größter Wunsch noch die Ausweitung der Betriebszeiten nach 21 und sonntags vor 13 (!) Uhr – vielleicht haben die Stadtwerke den Mut ja zum nächsten Fahrplanwechsel?

Nachtrag: Heute Nachmittag lag dann der neue Fahrplan auch in gedruckter Fassung in bzw. auf meinem Briefkasten – da ich seit Juni Abokunde der Stadtwerke bin, brauche ich nicht mehr extra ins dortige Verkaufsbüro zu laufen.

Verbesserungspotenzial

… habe ich in einigen Punkten bei meiner Bahnfahrt am Donnerstag entdeckt. Es fing an bei der Anfahrt zum Bahnhof: Da der erste Stadtbus am Feiertag um 13.12 Uhr (!) fährt, buchte ich ein Anruf-Sammel-Taxi zum Bahnhof. Bei einer planmäßigen Abfahrtszeit von 12.10 Uhr sollte es kein Problem sein, den Zug um 12.24 Uhr zu erreichen. Dachte ich, denn die Fahrerin musste erst noch einen Fahrgast am Klinikum am Stadtrand einsammeln, so dass ich dem Zug nur noch hinterher winken konnte.
Zum Glück war ich nicht auf diese Verbindung angewiesen, denn ich hatte noch keine Fahrkarte und konnte außerdem mit einer späteren Verbindung, aber mehr und knappen Umstiegen mein Ziel Brehna zur selben Zeit erreichen. Nur auf die Fahrt durch den Frankenwald musste ich diesmal verzichten. Eine Fahrkarte bekam ich sinnigerweise aber nicht am Automaten, da auf der Strecke nach Brehna zurzeit Schienenersatzverkehr stattfindet, den der Automat nicht kennt. Also die verbleibende Zeit zum nächsten Zug genutzt und in die zum Glück kurze Schlange im Reisezentrum eingereiht. Der erste Umstieg auf der Ersatzverbindung war nun alles andere als knapp, denn ich hatte in FFS sage und schreibe Aufenthalt von 13.16 bis 14.22 Uhr. Den Zug eine Stunde später zu nehmen war nicht möglich, da dieser nordmainisch fährt und dabei die entscheidenden Minuten verliert.
Ich wartete allerdings nicht die ganze Stunde im Südbahnhof, sondern fuhr weiter zum Hbf, besichtigte dort noch den TGV Euroduplex bei seiner Bahnsteigwende und fuhr dann mit der Straßenbahn zurück. Mein IC fuhr pünktlich ab, und auch einen Sitzplatz fand ich sofort. Ohne weitere Komplikationen ging es bis Naumburg, wo auch der bahnsteiggleiche Anschluss zum ICE problemlos klappte.
Die Fahrplanauskunft hatte mich gewarnt, dass wegen Bauarbeiten zwischen Halle und Bitterfeld der Anschluss dort an den SEV zurück nach Brehna gefährdet sei. Durch mein Bahnwissen und eine entsprechende Anfrage in der Auskunft kam ich darauf, dass es vermutlich besser sei, schon in Halle auszusteigen und von dort den SEV zu nehmen. Dies tat ich dann auch, zumal ich noch einige Dinge für die Reise vergessen hatte, die ich während des Aufenthalts nachkaufen konnte. Den Bus fand ich auch sofort und erreichte Brehna dann pünktlich um 19.00 Uhr.

Auf der Rückfahrt wurde ich dann im Auto mitgenommen und war, trotz diverser Staus, schneller als mit dem Zug. Das allerdings auch nur, weil ich in Hanau, wo mein „Fahrer“ mich absetzte, den RE um 18.59 Uhr gerade noch erreichte, was mir eine Stunde Wartezeit ersparte. Und da der Zug pünktlich war, konnte ich bequem mit dem Bus nach Hause fahren.

Insgesamt also eine gelungene Reise, ich werde aber folgende Punkte an die zuständigen Stellen weitergeben:

  • Wenn es wirklich nicht rentabel sein sollte, an einem Feiertag vor 13 Uhr Busse fahren zu lassen, sollte zumindest deutlicher gemacht werden, wie lange eine Fahrt mit dem AST dauern kann, damit man sich darauf einstellen kann.
  • Den Automaten der DB sollte beigebracht werden, wo es einen Schienenersatzverkehr gibt, da hier ganz normale DB-Fahrkarten gelten und man dafür nicht extra ins Reisezentrum gehen möchte.
  • Die RE-Züge zwischen Aschaffenburg und Frankfurt sollten immer über Offenbach fahren, da der jetzige Hinketakt schwer zu merken ist, Anschlüsse zerstört und die wenigsten Fahrgäste aus NAH an den nordmainischen Stationen aussteigen wollen.
  • Wenn Verspätungen durch Bauarbeiten schon nicht in den Fahrplan eingearbeitet, sondern durch nebulöse Prognosen angekündigt werden, sollte es die Möglichkeit geben, auch prophylaktische Alternativverbindungen zu finden. Hierfür wäre z.B. eine Funktion „Strecke vermeiden“ sinnvoll.

Sollte ich eine Antwort auf all diese Anregungen bekommen, lasse ich es euch wissen.

Anhänglich?

„Die Bahn kann doch einen Wagen anhängen“ – so lautet der wohl am häufigsten gehörte Kommentar in vollen Zügen, wie man sie im Fernverkehr vor allem am Anfang und am Ende von langen Wochenenden vorfindet. Aber stimmt das denn wirklich?
Zunächst einmal: Wo immer es möglich ist, haben zu den Stoßzeiten die Züge tatsächlich mehr Wagen oder fahren in Doppel- statt Einzeltraktion (also mit zwei gekuppelten Triebwagen). Allerdings ist die Länge der Züge vor allem durch die Bahnsteiglänge begrenzt. Viele Fernzüge sind genau so lang wie der kürzeste Bahnsteig entlang der Strecke. Würde man die Züge also weiter verlängern, könnte man an einigen Bahnhöfen nicht mehr halten, da ein Ausstieg ins Schotterbett unbequem und gefährlich und daher aus gutem Grund nur in Notfällen erlaubt ist.
Bleibt die Möglichkeit, zusätzliche Züge einzusetzen. Hier kann man davon ausgehen, dass alles, was irgendwie fahrfähig ist, an Freitagen und Sonntagen auf dem deutschen Fernstreckennetz unterwegs ist. Viele Züge, z.B. der IC 1948 „Kyffhäuser“ Leipzig–Frankfurt oder der durch seine historischen Wagen bekannte IC 2417 Flensburg–Köln fahren nur dann. Ein Problem dabei ist aber der Fahrplan: Ein zusätzlicher Zug muss irgendwie zwischen die anderen Züge auf die häufig schon überlasteten Strecken gequetscht werden. Manchmal geht das überhaupt nicht, manchmal haben die Züge eine unattraktive Fahrplanlage, so dass die Anschlüsse ungünstig sind. Früher war es üblich, den Verstärkerzug direkt vor dem Hauptzug fahren zu lassen; das geht heute aus verschiedenen Gründen nicht mehr so einfach. In manchen Fällen könnten Streckenaus- oder -neubauten Entlastung bringen, die scheitern aber häufig am staatlichen Geldmangel oder an der langen öffentlichen Diskussion.
Ein Grund, warum nicht noch mehr Züge eingesetzt werden können, ist allerdings auch der Wagenmangel. Die Schuld daran schieben sich DB, Eisenbahn-Bundesamt und Hersteller gegenseitig in die Schuhe. Erstere mag einfach zu spät und zu wenige Züge bestellt haben, außerdem waren die technischen Anforderungen nicht immer streng genug (Stichwort Wetterfestigkeit). Das EBA steht dagegen im Ruf, die Sicherheitsbestimmungen sehr restriktiv auszulegen und dadurch die Zulassung von Fahrzeugen unnötig zu verzögern. Die Bahnindustrie wiederum wird für die verspätete Auslieferung z.B. der neuen ICE-Baureihe 407 und fehlerhafte Konstruktion von anderen Fahrzeugen (z.B. Achsen diverser Baureihen) verantwortlich gemacht. Wer hier nun wirklich der „Schuldige“ ist, lässt sich objektiv kaum beurteilen – wahrscheinlich haben alle drei gleichermaßen ihren Anteil daran.
Dass zu Spitzenzeiten nicht beliebig viele Wagen zur Verfügung stehen, hat allerdings natürlich auch Kostengründe. Das Schimpfen auf die „Börsenbahn“ drängt sich sofort auf, ist aber nur teilweise berechtigt, denn niemand gibt Geld für Kapazitäten aus, die nur an wenigen Tagen im Jahr genutzt werden. Wer mietet sich eine Wohnung mit zwei zusätzlichen Zimmern oder kauft ein zweites Auto, nur um die Gäste der einmal jährlich stattfindenden Geburtstagsfeier beherbergen bzw. transportieren zu können? Und Autobahnen werden auch ausgebaut, um im Idealfall den Berufs-, nicht aber den Ferienreiseverkehr aufnehmen zu können. Abgesehen davon, dass die für schwach ausgelastete zusätzliche Züge entstehenden Kosten nicht ohne Einfluss auf die Fahrpreise bleiben dürften.

Gelegentlich wird auch eine Reservierungspflicht gefordert, um überfüllte Züge (oder gar eine Zwangsräumung derselben) zu verhindern. Diesen Zweck würde sie zwar erfüllen, aber alle Fahrgäste, die heute immerhin noch im Gang mitfahren könnten, müssten sich dann ein anderes Verkehrsmittel suchen – vom Flexibilitätsverlust mal ganz abgesehen. Und wenn es nur darum geht, frühzeitig Bescheid zu wissen, dass ein Zug voll sein wird: Die Möglichkeit, zu reservieren und ggf. keinen Platz zu bekommen, besteht ja bereits heute, ebenso wie entsprechende Warnungen bei bestimmten Zügen in der Reiseauskunft.

Fazit: Die Situation wird sich mit der Auslieferung der BR 407, die ab Dezember stattfinden soll, etwas entspannen, Wunder sind aber nicht zu erwarten. Für Reisen zu Stoßzeiten empfiehlt es sich, so früh wie möglich zu reservieren. Dann hat man den Sitzplatz sicher, außer natürlich im (nie zu vermeidenden) Fall, dass Wagen oder Zug(teil) ausfallen oder im (sehr seltenen) Fall, dass der ganze Zug wegen Überfüllung geräumt werden muss.
Eventuell kann es auch helfen, in der Auskunft das Feld „Schnelle Verbindungen bevorzugen“ abzuwählen – dann ist man u.U. etwas länger unterwegs, dafür aber oft in leereren Zügen.
Für alle, für die es nicht unbedingt der Zug sein muss, gibt es außerdem gute Nachrichten von der Bundesregierung: Sie hat vor kurzem den Fernbusverkehr (voraussichtlich ab 1. Januar 2013, vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrates) vollständig freigegeben, so dass hier mit preiswerter (allerdings oft auch langsamerer) Konkurrenz zu rechnen ist. Wettbewerb auf der Schiene gibt es nach wie vor nur punktuell, zum Beispiel durch den HKX, der im Juli zwischen Hamburg und Köln in Betrieb gegangen ist. In diesem Sinne wünsche ich euch, das Leben nicht allzu sehr in vollen Zügen zu genießen ;)!

Die OV-Chipkaart

Wie im letzten Artikel erwähnt, war ich am Wochenende mit der OV-Chipkaart (OV = openbaar vervoer = ÖPNV) unterwegs. Diese Karte soll die Benutzung des ÖPNV in den Niederlanden vereinfachen und ist der Nachfolger der Nationalen Strippenkaart, einer im ganzen Land gültigen Papierfahrkarte. Im Prinzip ist die Vereinfachung auch ganz gut gelungen: man hält beim Einsteigen (bei der Eisenbahn vorher auf dem Bahnsteig) die Karte an den Kartenleser, checkt also ein. Beim Aussteigen checkt man entsprechend aus, und es wird automatisch der entsprechende Betrag (bestehend aus einem Grund- und einem Kilometertarif) von der Karte abgezogen. Anonyme Chipkarten sind an den Automaten und Schaltern an allen niederländischen Bahnhöfen erhältlich. Wenn man in den Beneluxländern oder in Deutschland wohnt, kann man auch eine persönliche Chipkarte beantragen, die gegenüber der anonymen einige Vor- und Nachteile hat. Auf beide Kartenarten lädt man dann ein Guthaben, und es kann losgehen.
Wie so oft steckt aber auch hier der Teufel im Detail: Zum einen kostet die Karte selber den stolzen Betrag von 7,50 € – recht happig für Gelegenheitsfahrer. Zum anderen muss für alle Fahrten ein Mindestguthaben auf der Karte vorhanden sein: für Bus und Straßenbahn vier, für Zugfahrten sage und schreibe 20 Euro. Diese Regelung soll wohl für die Verkehrsunternehmen die Einnahmen sicherstellen, wenn man zu weit fährt oder das Auschecken vergisst. Für mich bedeutete es aber gestern, dass ich mir den Fahrschein von Amersfoort nach Utrecht dann doch auf Papier besorgt habe, denn 20 Euro Kapitalbindung für 1-2 Besuche in NL pro Jahr schien mir dann doch etwas übertrieben. Und wie gesagt: das Auschecken sollte man nicht vergessen, sonst kann es unnötig teuer werden.
Zweiter Punkt ist die Guthabenkontrolle und der Nachweis der Fahrten, wenn man z.B. – wie ich am Wochenende – die Fahrtkosten erstattet bekommt. Erstere ist noch relativ einfach an allen Automaten der NS sowie der lokalen Verkehrsbetriebe möglich. An den NS-Automaten kann man auch die letzten Transaktionen abfragen, jedoch nicht ausdrucken. Da ich während meines kurzen Aufenthaltes keinen Automaten fand, an dem das möglich war, habe ich nun keinen schriftlichen Nachweis meiner Kosten. Ein Abruf der Daten via Internet ist nur für persönliche Chipkarten möglich.

Soweit ich weiß, bieten alle niederländischen Verkehrsbetriebe nach wie vor die Möglichkeit, auch ohne OV-Chipkaart mitzufahren (im Zweifel im Internet nachschauen). Gelegenheitsbesuchern würde ich auch genau das empfehlen, die Chipkarte lohnt sich erst ab einer gewissen Anzahl von Fahrten. Wer sich trotzdem für das System interessiert, findet unter → ov-chipkaart.nl nähere Informationen auf Niederländisch und Englisch.

Antwort des VRR

Auf meinen Brief an den VRR habe ich gestern eine Antwort per E-Mail bekommen. Sie besteht im Wesentlichen aus einer Erklärung des Tarifsystems und der Art und Weise, in der es zustande kommt. Zwei Sätze aus der Mail möchte ich näher kommentieren:

Bei der Preisbildung spielt auch der Faktor Fahrtenhäufigkeit sowie die Kostendeckung eine entscheidende Rolle.

Da muss ich sagen: „Im Zweifel für den Angeklagten“. Ich weiß nämlich tatsächlich nicht, wie häufig der von mir geschilderte Fall (Gelegenheitsfahrer fährt in die Nachbarstadt) tatsächlich auftritt. Menschen, die dauerhaft in der Gegend wohnen, werden mindestens Vierertickets oder sogar eine Monatskarte besitzen. Letztere kann, wenn sie nur für die eigene Stadt gilt, durch ein Zusatzticket relativ preiswert aufgewertet werden. Bei häufigeren Fahrten kann man auch eine Monatskarte der Preisstufe B mit geschickt gewähltem Zentraltarifgebiet kaufen. Beispielsweise kommt man mit dem Zentraltarifgebiet Gelsenkirchen von Marl aus schon recht weit (z.B. Dorsten, Bochum, Recklinghausen, Essen, nicht aber Haltern). Nur für Gelegenheitsfahrer lohnt sich das natürlich nicht. Der nächste Satz lässt etwas tiefer blicken:

Im VRR-Raum ist die finanzielle Lage in den Kommunen derart angespannt, dass a) die Nutzer des ÖPNV mit einem immer größeren Anteil an der Finanzierung desselben beteiligt werden sollen und dass b) Tarifmaßnahmen, die zu Mindereinnahmen führen, von den einnahmenverantwortlichen Verkehrsunternehmen und den politischen Entscheidern abgelehnt werden, es sei denn, sie sind politisch gewollt (z.B. Semesterticket für Studierende).

Das Umsteigen auf den ÖPNV ist also anscheinend nicht in jedem Fall politisch gewollt, obwohl es ja der Umwelt und der Entlastung der Straßen dient. Ich bin kein Fan von kostenlosem Nahverkehr (dazu vielleicht ein andermal mehr), aber bei 9,80 Euro für eine Fahrt über die Stadtgrenze und zurück ist eben für mich das andere Extrem erreicht. Hier hätte ich eigentlich von allen Beteiligten etwas mehr Mut und Innovationsgeist erwartet. Auf meinen Vorschlag der Mischkalkulation oder den Hinweis auf mögliche Mehreinnahmen durch geringere Preise ist der VRR leider überhaupt nicht eingegangen. Bleibt zu hoffen, dass meine Schwester und ich hier wirklich Einzelfälle sind und dass trotz der schwierigen Lage die Idealisten in den Verkehrsunternehmen ihren Einfluss behalten, so wie ich es von der Vestischen kenne. Vielen Dank an den VRR für die Antwort!

Brief an den VRR

Folgenden Brief habe ich heute abgeschickt und bin mal gespannt auf die Antwort und auf eure Meinung dazu:

Verkehrsverbund Rhein-Ruhr
Augustastraße 1
45879 Gelsenkirchen

Tarifgestaltung insbesondere im nördlichen Ruhrgebiet

Sehr geehrte Damen und Herren,

als begeisterter Nutzer des ÖPNV erledige ich gerne, wenn ich bei meinen Eltern in Marl zu Besuch bin, möglichst viele Wege mit dem Bus. Da es beispielsweise in Marl praktisch kein Schwimmbad mehr gibt, fahre ich gerne zum Schwimmen nach Dorsten oder Herten oder nutze die recht guten Verbindungen zum Einkaufszentrum Marler Stern.

Das jetzige Tarifsystem des VRR ist mir seit seiner Einführung 1993 als angenehm einfach bekannt, auch wenn von diesem Vorteil im Zuge der Integration der VGN ein wenig verloren gegangen ist. Diese Einfachheit hat jedoch auch einen Nachteil: Die von mir vorzugsweise durchgeführten Fahrten sind unverhältnismäßig teuer. Die erwähnte Fahrt nach Dorsten und zurück beispielsweise kostet stolze 9,80 Euro und damit deutlich mehr als der Eintritt ins Erlebnisbad. Für eine Fahrt nach Essen, die mit demselben Ticket auch möglich wäre, ist dieser Preis angemessen, nicht jedoch für eine Fahrt über 8 km in eine Nachbarstadt, von deren Grenze meine Eltern nur wenige Haltestellen entfernt wohnen.

Gleiches gilt für die Fahrt in den Marler Stern: Für die hier anfallenden 4,80 Euro könnte ich auch bis nach Recklinghausen fahren, was mir aber wenig nützt, wenn ich eben schon in Marl Mitte aussteigen möchte. Für die Kurzstrecke dagegen ist die Fahrt mit 5 Haltestellen ganz knapp zu lang.

Auf Vierertickets auszuweichen, wäre zwar prinzipiell möglich, aber umständlich, da man sie nicht beim Fahrer kaufen kann. Außerdem kostet eine Hin- und Rückfahrt der Preisstufe B dann immer noch 8,65 Euro, und es ist unklar, ob man die beiden übrigen Fahrten bis zur nächsten Preiserhöhung noch aufbraucht.

Aufgrund meiner hohen ÖPNV-Affinität fahre ich oft trotzdem mit dem Bus. Meine Schwester dagegen würde gerne die Umwelt schonen und dafür auch die längeren Fahrzeiten des Busses in Kauf nehmen, greift angesichts der erwähnten Preise dann allerdings doch meistens auf das Auto zurück.

Um dieses Problem zu lösen und den ÖPNV attraktiver zu machen, würde ich mich über eine Änderung des Tarifs freuen, ohne dabei aber das Tarifsystem noch weiter verkomplizieren zu wollen. Vor einiger Zeit wurde etwa Marl-Polsum zum Überlappungsbereich der Tarifgebiete Marl und Gelsenkirchen erklärt, so dass Fahrten in beide Städte nun mit der Preisstufe A möglich sind. Es würde mich freuen, wenn es noch mehr von solchen pragmatischen Lösungen gäbe. Aber auch eine generelle Neudefinition der Preisstufen oder des Ticketsortiments (z.B. Tagesticket unter dem Preis von zwei Einzeltickets) wäre hier ein Schritt in die richtige Richtung.

Mir ist klar, dass solche Änderungen natürlich Einnahmeverluste für die Verkehrsunternehmen bedeuten. Wenn diese aber nicht über Mischkalkulationen oder die dann verstärkte Nutzung abgefangen werden können, bin ich gerne bereit, auch an die Aufgabenträger zu appellieren, diese Verluste zu tragen. Nach meiner Erfahrung gehört eine innerstädtische Einzelfahrt im VRR nicht nur im deutschlandweiten Vergleich zu den teuersten überhaupt. Selbst in New York, einer der teuersten Städte der Welt mit wesentlich besserem Nahverkehrsangebot, ist eine Einzelfahrt für die gesamte Stadt für umgerechnet 2 Euro zu haben.

Ich würde mich daher freuen, wenn es in dieser Hinsicht ein wenig Bewegung gäbe und freue mich auf Ihre Rückmeldung dazu.

Mit freundlichen Grüßen