Einst und Jetzt 4: Zielnetz 2015 und Ist-Netz 2020

Beim Stöbern in meinem Regal ist mir mal wieder die Broschüre mit dem „Zielkonzept 2015“ des VRR aus dem Jahr 1999 in die Hände gefallen. Da 2015 bekanntlich mittlerweile schon eine Weile vorbei ist, nehme ich das zum Anlass, mal grob zusammen zu stellen, was von diesem Zielkonzept tatsächlich umgesetzt wurde und was nicht. Das Konzept unterscheidet zwischen RE, S-Bahn und RB (in dieser Reihenfolge), was ich für meinen Beitrag übernehme.

RegionalExpress (RE)

Das Zielkonzept sah im Wesentlichen dieselben Linienwege wie 1999 vor, etwa einen RE 1 Aachen–Bielefeld und einen RE 8 Venlo–Koblenz. Wie sich vermutlich die meisten erinnern, ist das RE-Netz seitdem aber so stark umstrukturiert worden wie keine andere Zuggattung. Das hatte zum einen betriebliche Gründe, so war der alte RE 1 durch den langen Laufweg extrem verspätungsanfällig und die alten RE 7 (Düren–Münster) und RE 9 (Krefeld–Siegen) dadurch, dass sich ihre Fahrstraßen in Köln Hbf niveaugleich kreuzten. Weiterhin wollte man zusätzliche Verbindungen anbieten, so wurde etwa der RE 6 (den es 1999 so noch gar nicht gab) von seinem ersten Endpunkt Düsseldorf über Dormagen und Köln Hbf nach Köln/Bonn Flughafen verlängert. Diese Zusatzangebote stehen auch im Zusammenhang mit dem im Aufbau befindlichen Rhein-Ruhr-Express (RRX)-Netzes, das als Nachfolgeprojekt des 1999 noch geplanten Metrorapid konzipiert wurde.

Durch diese neuen Linien sind aber auch die geplanten Taktverdichtungen des Zielnetzes weitgehend umgesetzt, wenn auch nicht als exakter 30-Minuten Takt:

  • Hamm–Düsseldorf, im Zielkonzept RE 1 im 30-Minuten-Takt, heute mit RE 1, RE 6 und RE 11 sogar drei Züge pro Stunde
  • Essen–Münster, im Zielkonzept RE 2 im 30-Minuten-Takt, bis Haltern ergänzt durch RB 42 im Stundentakt. Heute ist die halbstündliche RB 42 zum RE aufgewertet, der aber auf diesem Abschnitt alle Halte bedient. Der RE 2 fährt weiterhin stündlich, hält aber nur noch an den wichtigsten Stationen. Sein Linienweg wurde auf Düsseldorf–Osnabrück verlängert.
  • Mönchengladbach–Hagen, im Zielkonzept RE 4 im 30-Minuten-Takt, heute durch RE 4 und RE 13 (Venlo–Hamm) jeweils im Stundentakt bedient.

Nichts geworden ist dagegen aus einigen sehr innovativen Planungen:

  • Die Verlängerung des RE 10 von Kleve nach Nimwegen scheitert unter anderem daran, dass die niederländische Gemeinde Groesbeek keinen Zugverkehr mehr durch ihr Stadtzentrum haben will.
  • Der RE 14 Dortmund–Recklinghausen–Haltern fährt immerhin seit Ende 2019 ganztägig als S 2 im Stundentakt zwischen Dortmund und Recklinghausen.
  • Der RE 16 Düsseldorf–Remscheid beschränkt sich weiterhin auf einige Durchbindungen der heutigen S 7.
  • Der RE 18 Venlo–Viersen–Kaarst–Düsseldorf scheitert auf diesem Linienweg am noch fehlenden Wiederaufbau der Strecke Viersen–Kaarst, der aber meines Wissens nach wie vor geplant ist.

S-Bahn

Die hochfliegendsten Pläne gab es 1999 für das S-Bahn-Netz. Auf jeder der bestehenden Linien sollte es zumindest neue Haltepunkte geben, viele sollten auch verdichtet oder verlängert werden, einige sollten ganz neu entstehen. Alle Planungen basierten auf dem 20-Minuten-Takt, der im Ruhrgebiet im Dezember 2019 durch einen 15/30-Minuten-Grundtakt abgelöst wurde. Im südlichen Gebiet des VRR bleibt es beim 20-Minuten-Grundtakt. Die interessantesten Planungen von 1999:

  • S 1: Diese sollte in Dortmund bis zum Brügmannplatz verlängert werden (mit Anschluss zu zwei U-Bahn-Linien, die nicht am Hbf halten). Auf der anderen Seite sollte der damalige Endpunkt Düsseldorf Hbf unverändert bleiben.
  • S 2: Ebenfalls weiter zum Brügmannplatz, auf der anderen Seite sollte nur noch der AST nach Duisburg betrieben und bis Düsseldorf verlängert werden, wohlgemerkt durchgängig im 20-Minuten-Takt. Heute gibt es ja im Gegensatz dazu nur noch die Äste nach Essen und Recklinghausen jeweils im Stundentakt, nach Duisburg fahren 1–2 RB pro Stunde.
  • S 4: Die S 4 sollte über Lütgendortmund hinaus über die Emschertalbahn nach Herne und von da weiter nach Essen verlängert werden, ebenfalls mit einem durchgehenden 20-min-Takt. Ob die Pläne noch aktuell sind, weiß ich nicht, über die Emschertalbahn tuckert wenigstens noch weiterhin die RB 43 im Stundentakt, nachdem deren Stilllegung bereits im Gespräch war.
  • S 5: Hier war zum einen geplant, in Dortmund West einen Umsteigebahnhof zur S 4 zu bauen, bis heute eine der wenigen Kreuzungspunkte im Bahnnetz ohne Umsteigemöglichkeit. Außerdem sollte zwischen Witten und Hagen die Führung über das linke Ruhrufer geprüft werden. Aus beidem ist bisher nichts geworden.
  • S 7: Die damals von Düsseldorf Flughafen Terminal nach Solingen-Ohligs (heute Hbf) führende Linie sollte über die Müngstener Strecke bis Wuppertal verlängert werden. Ironischerweise ist diese Verlängerung das Einzige, was heute noch S 7 heißt, die Strecke vom Flughafen nach Solingen ist 2009 auf die S 11 und S 1 übergegangen. Ein Umstieg in Solingen ist, außer bei einigen Zügen im Berufsverkehr, weiterhin erforderlich, da die Müngstener Strecke weiterhin nicht elektrifiziert ist.
  • S 9: Nördlicher Endpunkt sollte statt Haltern ein neu zu bauender Bahnhof Bottrop Mitte sein. Im Süden sollte die damals noch im Bau befindliche Verlängerung nach Wuppertal unverändert bleiben. Nach Haltern sollte stattdessen eine neue S 19 fahren, interessanterweise ebenfalls im 20-Minuten-Takt, was zwischen Gelsenkirchen-Buer Nord und Haltern einige Ausbauten erfordert hätte.
  • S 14: Diese völlig neue Linie sollte zwischen Wuppertal und Köln fahren (heute RB 48 im 30-Minuten-Takt).
  • S 18: Die S 18 sollte von Düsseldorf über Grevenbroich nach Horrem fahren. Heute gibt es ernsthafte S-Bahn-Planungen nur noch für den Südteil ab Bedburg, weswegen auf der früher durchgehenden Relation hier auch seit 2018 umgestiegen werden muss. Beide Abschnitte werden unter der Woche tagsüber im 30-, sonst im 60-Minuten-Takt bedient. Nachtrag 27. Juni: Im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen ist auch für Neuss–Bedburg die Planung wieder aktuell, zusätzlich soll eine Strecke von Bedburg nach Jülich neu gebaut werden (wobei ich den Wiederaufbau nach Düren ja netztechnisch sinnvoller fände).
  • S 20: sollte zwischen Duisburg und Wesel verkehren (heute drei stündliche RE-Linien mit Halt überall).
  • S 21: Die S 21 war von Kamen über Dortmund, Essen, Duisburg und Krefeld bis nach Mönchengladbach-Wickrath geplant. Hier ist es weitgehend beim alten Konzept aus verschiedenen RE- und RB-Linien sowie der S 1 geblieben, die aber immerhin unter der Woche tagsüber zwischen Dortmund und Essen im 15-Minuten-Takt fährt.
  • S 23: Diese Linie sollte Bottrop, Oberhausen und Duisburg-Ruhrort im 20-Minuten-Takt verbinden. Das dürfte eine der wenigen Verbindungen sein, auf denen sich das Angebot seit 1999 stattdessen verschlechtert hat: Bottrop–Oberhausen wird an allen Tagen nur noch stündlich befahren, Oberhausen–DU-Ruhrort immerhin unter der Woche noch alle 30 Minuten, aber selbst diese Fahrten werden aufgrund Personalmangels bei der NordWestBahn häufig durch Busse ersetzt. Einziger Lichtblick ist die seit 2019 unter der Woche bestehende Durchbindung von Bottrop nach Duisburg und Moers.

Fazit: Das Einzige, was von den hochtrabenden Planungen (bisher) umgesetzt wurde, sind drei neue Haltepunkte (Dortmund-Somborn, Neuss-Allerheiligen und Solingen-Grünewald). Die Verlängerung der S 28 über Mettmann hinaus nach Wuppertal ist zusammen mit der Elektrifizerung der Gesamtstrecke immerhin im Bau. Interessanterweise nur als „Untersuchungsstrecke aus dem ÖPNV-Bedarfsplan“ taucht die Reaktivierung der Hertener Bahn auf, die „eigentlich“ bereits seit Dezember 2019 in Betrieb ist und derzeit noch am Personalmangel bei Abellio scheitert (den man 1999 vermutlich genauso wenig geahnt hat wie die Coronakrise).

RegionalBahn (RB)

Da das Zielnetz 2015 sehr stark auf S-Bahnen setzte, beschränkten sich die Planungen für Regionalbahnen nur auf ein Rumpfnetz (das wahrscheinlich deswegen auch zum Schluss in der Broschüre kommt). Interessanterweise enthält dieses aber die Reaktivierung der Rheinischen Bahn für den Personenverkehr, und zwar auf den Strecken Düsseldorf–Duisburg, Düsseldorf–Mülheim–Essen City Nord–Essen-Kray Nord und Düsseldorf–Opladen–Köln. Auf der zweitgenannten Strecke hat man leider durch Stilllegung und Streckenabbau inzwischen Fakten geschaffen, allerdings wäre hier wahrscheinlich die Nachfrage an den Hauptbahnhöfen von Duisburg und Essen vorbei auch nicht sehr groß gewesen (Anmerkung von agw aus dem ICE-Treff: Die Strecke hätte die beiden Campi der Uni Duisburg-Essen verbunden). Zumindest zwischen Duisburg, Ratingen West und Düsseldorf werden die Reaktivierungspläne noch weiterverfolgt, auch wenn die RB 37, die jahrzehntelang das kurze Stück bis Duisburg Entenfang befuhr, im Dezember 2019 eingestellt wurde (ohne dass ich jemals mitgefahren wäre …).

Auch noch interessant ist die Planung für die Strecke zwischen Essen und Dorsten. Die damals in Dorsten endende RB 45 von Coesfeld sollte nämlich bis Essen verlängert werden, aber nicht wie heute als Flügelzug der RE 14, sondern eigenständig. Damit hätte sich zusammen mit der RB 44 von Borken und der S 9 zwischen Bottrop und Essen ein 10-Minuten-Takt ergeben (die S 19 nach Haltern sollte ein Flügel der RB 44/45 werden). Das wäre natürlich nur mit einem Ausbau des eingleisigen Abschnitts bei Bottrop möglich gewesen, den man wegen der hohen Kosten (sehr hoher Brückenanteil) nicht mehr weiterverfolgt. Immerhin gibt es mit der S 9 und der RE 14/RB 45 seit Dezember 2019 einen Viertelstundentakt zwischen Gladbeck West und Essen Hbf.

Fazit

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt: Viel Wasser ist seit 1999 Rhein und Ruhr heruntergeflossen, und nennenswerte Verbesserungen gab es seitdem vor allem da, wo keine Investitionen in die Infrastruktur nötig waren, nämlich beim RE-Netz. Auf der Hauptachse zwischen Köln und Dortmund soll es diese Investitionen für die dringend benötigte Kapazitätserhöhung nun aber geben, die ersten Bauarbeiten laufen bereits.

Um viele andere Ideen, vor allem die umfangreichen Reaktivierungs- und Neubaupläne, ist es deutlich ruhiger geworden. Einzig der ebenfalls 1999 bereits geplante Regionalbahnsteig in Düsseldorf-Bilk ist im Bau, ebenso wie die bereits erwähnte Reaktivierung der Hertener Bahn. Ein weiteres Projekt, das nicht im Zielnetz enthalten war, ist der Personenverkehr auf der (allerdings damals noch nicht im VRR liegenden) Strecke von Moers nach Kamp-Lintfort, der in diesem Jahr probeweise anlässlich der Landesgartenschau eingeführt wurde. Bei meiner Streckenbereisung zeigte sich aber auch, wie viel an der Strecke noch für einen Regelbetrieb getan werden muss. Es bleibt also weiter spannend – warten wir ab, wie das Netz in 20 Jahren aussieht!

Neues S-Bahn-Konzept Rhein-Ruhr ab 2019

Am 22. Mai hat der VRR ein neues Konzept für die S-Bahn im Ruhrgebiet ab Dezember 2019 beschlossen. Kernstück ist die Umstellung der Linien S 1-S 4 und S 9 vom 20- auf einen 15/30-Minuten-Grundtakt.
Hier die Neuerungen im Überblick:

  • 15-Minuten-Takt montags bis freitags tagsüber auf der S 1 zwischen Essen und Dortmund
  • Die Linien S 1 Duisburg–Essen, S 2 Dortmund–Herne, S 3, S 4, S 8 Wuppertal-Oberbarmen–Hagen und S 9 Gelsenkirchen-Buer Nord–Wuppertal fahren ganztägig alle 30 Minuten.
  • Bei allen anderen Linien bleiben die Takte unverändert.
  • Die S 2 und S 4 werden jeweils auf Dortmunder Stadtgebiet zur Spitzenzeit durch Verstärkerlinien auf einen 15-Minuten-Takt ergänzt. Diese wechseln in Dorstfeld jeweils die Stammlinie, so dass die Linien S 24 Mengede–Unna-Königsborn und S 42 Lütgendortmund–DO Hbf entstehen (Nachtrag: doch nicht, es werden S 2 und S 4 ohne Linientausch verstärkt).
  • Die S 2 fährt künftig ganztägig von Dortmund je stündlich nach Recklinghausen und Essen. Der Ast nach Duisburg wird durch eine neue Linie RB 3 ersetzt, die ohne Halt zwischen Dortmund Hbf und Mengede verkehrt und dann alle Halte bedient.
  • Die S9 soll wie bisher stündlich nach Haltern fahren, neu ist ein ebenfalls stündlicher Ast nach Recklinghausen über die reaktivierte Hertener Bahn.
  • Ebenfalls neu ist eine RB-Linie 41 Wesel–Oberhausen–Essen–Wuppertal, die mit Halt an den wichtigsten Bahnhöfen die S 3 und S 9 verstärkt.
  • Die RB 33 fährt dafür von Mönchengladbach kommend nach Bottrop und der RE 14 zwischen Dorsten und Essen (dann wieder Steele Ost) halbstündlich. Im Gegenzug wird die RB 44 eingestellt.

Bleibt natürlich die Frage nach der Bewertung des neuen Konzepts. Ohne die Fahrpläne der Linien im Detail zu kennen, sehe ich folgende Vorteile:

  • Ganztägig gleiche Abfahrtsminuten, dadurch leichter merkbare Fahrpläne und leichter planbare Anschlüsse
  • Taktverdichtung zwischen Essen und Dortmund, Gelsenkirchen-Buer Nord und Bottrop sowie zur Spitzenzeit auf S 2 und S 4 in Dortmund
  • Ganztägige Direktverbindung zwischen Dortmund und Recklinghausen. Man ist hier also abends und am Wochenende nicht mehr auf den Anschluss in Wanne-Eickel angewiesen, der je nach Fahrplanlage und Verspätung leicht platzen kann oder in manchen Fahrplanjahren auch offiziell gar nicht vorhanden ist.
  • Herten, eine der größten Städte Europas ohne Bahnanschluss, und sein Stadtteil Westerholt sind wieder auf der Schiene erreichbar. Gespannt bin ich, ob der notwendige Wiederaufbau der Bahnsteige rechtzeitig fertig wird und vor allem, wie der Betrieb in Buer Nord abgewickelt wird. Hier wurde ja 1998 mit Inbetriebnahme der S 9 der Bahnsteig so verlegt, dass er nur noch am Abzweig nach Haltern und nicht mehr an der Hertener Bahn liegt.
  • Neue, beschleunigte Direktverbindung zwischen Wesel, Oberhausen, Essen und Wuppertal
  • Leicht beschleunigte Verbindung zwischen Dortmund und Duisburg über die Köln-Mindener Bahn. Interessant ist die Frage, wie die Verbindung Marl Mitte–Duisburg künftig aussieht. Bisher war der schnellste Weg die S 9 bis Essen-Dellwig Ost und Fußweg von dort nach Essen-Dellwig. Vielleicht wird es ja einen Anschluss zwischen S 9 und RB 33 in Bottrop geben.
  • Taktverdichtung zwischen Dorsten und Essen, hierfür ist allerdings entweder der zweigleisige Ausbau in Essen-Dellwig Ost oder das Auslassen eines Haltes durch die S 9 erforderlich

Deutlich kürzer ist die Liste der Nachteile:

  • Taktausdünnung für alle Stationen, an denen nicht eine der neuen Verstärkerlinien hält.
  • Taktsprünge beim Umstieg auf die Linien, die unverändert bleiben, bei der S 1 und S 8 sogar innerhalb der Linie
  • Wegfall der Direktverbindung Dorsten–Oberhausen. Jedoch ist nach meinem Eindruck das Verkehrsaufkommen Richtung Essen deutlich größer, die jetzige RB 44 hat außerdem an beiden Enden keine sinnvollen Anschlüsse. Wenn die RE 14 in Dorsten in den Taktknoten eingebunden bleibt und vielleicht sogar in Bottrop Anschluss an die RB 33 bietet, könnte sich die reine Fahrzeit zu vielen Zielen sogar verkürzen.
  • laut → Pro Bahn kein Anschluss zwischen S 24 und S 42 in der Relation Lütgendortmund–Königsborn und zurück

Eine Karte mit dem neuen S-Bahn-Netz auf einen Blick habe ich auch schon erstellt. Ich bin gespannt, ob 2019 wirklich alles so kommt wie geplant und ob tatsächlich für die meisten Fahrgäste die Vorteile überwiegen.

Nachtrag: Laut dem aktuellen Bahn-Report wurden die Linien S 24 und S 42 nun doch nicht bestellt, sondern stattdessen eine zeitweilige Taktverstärkung auf den Linien S 2 und S 4. Für den Halbstundentakt der S 8 zwischen Wuppertal-Oberbarmen und Hagen soll eine Fahrt von der S 8 aus Mönchengladbach kommen, die andere von der S 9 (diese dann ab Hagen weiter als RB 40). Bei letzterer ist allerdings noch nicht klar, unter welcher Liniennummer diese verkehren wird.

Irgendwas ist immer

Dieser Spruch bewahrheitete sich auch dieses Wochenende mal wieder. Bei der Hinfahrt von NAH nach Marl hielten sich die Komplikationen noch halbwegs in Grenzen: +10 und eine ausgefallene Klimaanlage, die angesichts der mäßigen Temperaturen nicht zur Räumung des Wagens, sondern nur zur Verteilung von Gratiswasser führten. Hätte ich mich in Recklinghausen abholen lassen, hätte mein Abholkomitee wohl eine halbe Stunde warten müssen. So aber fuhr ich mit der NWB nach Dorsten – mit separatem Ticket, da ich für die ICE-Fahrt noch von einem Sommer-Spezial profitiert hatte, das nur in Fernverkehrszügen gilt.
Am Tag der Einheit sollte es dann vom Volkspark in Marl nach Dortmund gehen. Die dafür vorgesehene Verbindung mit dem SB 25 nach Recklinghausen scheiterte aber an der Verspätung des 222ers. Der Fahrer funkte den SB zwar noch an, letztendlich konnte er aber nicht mehr warten. Stattdessen fuhr ich mit S 9 und RE 6 über Essen, wodurch ich immer noch pünktlich zum verabredeten Treffen um 16 Uhr in EDO ankam. Anlass war eine Hochzeitsfeier, von der ich mich um 1.23 Uhr auf den Rückweg machte und eine gute Stunde später mein Elternhaus erreichte. Kurios: Zwei Freundinnen, die in Dortmund übernachteten, mussten schon viel früher aufbrechen, weil an Feiertagen die Nachtbusse anders fahren als sonst. Für meine Verbindung galt das nicht, da kam es nur darauf an, dass am nächsten Tag Sonntag war.
An diesem begrüßte mich mein Vater morgens mit dem Hinweis auf den Stellwerksbrand in Mülheim-Styrum. Ich versuchte herauszufinden, wie mein gebuchter Zug ICE 727 ab Essen davon betroffen war, die Live-Auskunft zeigte aber keine Abweichung an. Da ich das nicht so ganz glauben konnte, fuhr ich mit Bus und Straßenbahn nach EG, wo ich in einen umgeleiteten RE 6 nach EDG stieg. Unterwegs machte sich schon der Stau auf der Schiene bemerkbar: wir blieben zwischendurch fünf Minuten auf freier Strecke stehen, und auf dem Gegengleis begegneten wir auch einigen stehenden Fernzügen. Auch in EDG wurden die Züge fast im Minutentakt und fast alle verspätet durchgeschleust. Der 727 verschwand einige Minuten nach der planmäßigen Abfahrt von der Anzeigetafel, die Live-Auskunft behauptete, er sei pünktlich unterwegs. Urplötzlich tauchte er ohne jede Vorankündigung aber doch noch auf und fuhr mit etwa +20 ab. Kurios: In KD mussten wir den Thalys vorlassen, den wir aber in Leverkusen wieder überholten. Unterwegs passierte dann nichts Besonderes mehr, und ich holte angesichts der kurzen Nacht etwas Schlaf nach. FF erreichten wir mit nur noch +10. Hier musste ich aussteigen, weil wegen Bauarbeiten auf der Spessartstrecke heute keine Fernzüge darüber fuhren. Also noch kurz in die Lounge und mit dem RE nordmainisch gegurkt. Der hatte an der heutigen Endstation NAH auch +15, so dass mein Anschlussbus weg war, aber zum Glück gab es ja noch die Miltenberger RB.

Antwort des VRR

Auf meinen Brief an den VRR habe ich gestern eine Antwort per E-Mail bekommen. Sie besteht im Wesentlichen aus einer Erklärung des Tarifsystems und der Art und Weise, in der es zustande kommt. Zwei Sätze aus der Mail möchte ich näher kommentieren:

Bei der Preisbildung spielt auch der Faktor Fahrtenhäufigkeit sowie die Kostendeckung eine entscheidende Rolle.

Da muss ich sagen: „Im Zweifel für den Angeklagten“. Ich weiß nämlich tatsächlich nicht, wie häufig der von mir geschilderte Fall (Gelegenheitsfahrer fährt in die Nachbarstadt) tatsächlich auftritt. Menschen, die dauerhaft in der Gegend wohnen, werden mindestens Vierertickets oder sogar eine Monatskarte besitzen. Letztere kann, wenn sie nur für die eigene Stadt gilt, durch ein Zusatzticket relativ preiswert aufgewertet werden. Bei häufigeren Fahrten kann man auch eine Monatskarte der Preisstufe B mit geschickt gewähltem Zentraltarifgebiet kaufen. Beispielsweise kommt man mit dem Zentraltarifgebiet Gelsenkirchen von Marl aus schon recht weit (z.B. Dorsten, Bochum, Recklinghausen, Essen, nicht aber Haltern). Nur für Gelegenheitsfahrer lohnt sich das natürlich nicht. Der nächste Satz lässt etwas tiefer blicken:

Im VRR-Raum ist die finanzielle Lage in den Kommunen derart angespannt, dass a) die Nutzer des ÖPNV mit einem immer größeren Anteil an der Finanzierung desselben beteiligt werden sollen und dass b) Tarifmaßnahmen, die zu Mindereinnahmen führen, von den einnahmenverantwortlichen Verkehrsunternehmen und den politischen Entscheidern abgelehnt werden, es sei denn, sie sind politisch gewollt (z.B. Semesterticket für Studierende).

Das Umsteigen auf den ÖPNV ist also anscheinend nicht in jedem Fall politisch gewollt, obwohl es ja der Umwelt und der Entlastung der Straßen dient. Ich bin kein Fan von kostenlosem Nahverkehr (dazu vielleicht ein andermal mehr), aber bei 9,80 Euro für eine Fahrt über die Stadtgrenze und zurück ist eben für mich das andere Extrem erreicht. Hier hätte ich eigentlich von allen Beteiligten etwas mehr Mut und Innovationsgeist erwartet. Auf meinen Vorschlag der Mischkalkulation oder den Hinweis auf mögliche Mehreinnahmen durch geringere Preise ist der VRR leider überhaupt nicht eingegangen. Bleibt zu hoffen, dass meine Schwester und ich hier wirklich Einzelfälle sind und dass trotz der schwierigen Lage die Idealisten in den Verkehrsunternehmen ihren Einfluss behalten, so wie ich es von der Vestischen kenne. Vielen Dank an den VRR für die Antwort!

Brief an den VRR

Folgenden Brief habe ich heute abgeschickt und bin mal gespannt auf die Antwort und auf eure Meinung dazu:

Verkehrsverbund Rhein-Ruhr
Augustastraße 1
45879 Gelsenkirchen

Tarifgestaltung insbesondere im nördlichen Ruhrgebiet

Sehr geehrte Damen und Herren,

als begeisterter Nutzer des ÖPNV erledige ich gerne, wenn ich bei meinen Eltern in Marl zu Besuch bin, möglichst viele Wege mit dem Bus. Da es beispielsweise in Marl praktisch kein Schwimmbad mehr gibt, fahre ich gerne zum Schwimmen nach Dorsten oder Herten oder nutze die recht guten Verbindungen zum Einkaufszentrum Marler Stern.

Das jetzige Tarifsystem des VRR ist mir seit seiner Einführung 1993 als angenehm einfach bekannt, auch wenn von diesem Vorteil im Zuge der Integration der VGN ein wenig verloren gegangen ist. Diese Einfachheit hat jedoch auch einen Nachteil: Die von mir vorzugsweise durchgeführten Fahrten sind unverhältnismäßig teuer. Die erwähnte Fahrt nach Dorsten und zurück beispielsweise kostet stolze 9,80 Euro und damit deutlich mehr als der Eintritt ins Erlebnisbad. Für eine Fahrt nach Essen, die mit demselben Ticket auch möglich wäre, ist dieser Preis angemessen, nicht jedoch für eine Fahrt über 8 km in eine Nachbarstadt, von deren Grenze meine Eltern nur wenige Haltestellen entfernt wohnen.

Gleiches gilt für die Fahrt in den Marler Stern: Für die hier anfallenden 4,80 Euro könnte ich auch bis nach Recklinghausen fahren, was mir aber wenig nützt, wenn ich eben schon in Marl Mitte aussteigen möchte. Für die Kurzstrecke dagegen ist die Fahrt mit 5 Haltestellen ganz knapp zu lang.

Auf Vierertickets auszuweichen, wäre zwar prinzipiell möglich, aber umständlich, da man sie nicht beim Fahrer kaufen kann. Außerdem kostet eine Hin- und Rückfahrt der Preisstufe B dann immer noch 8,65 Euro, und es ist unklar, ob man die beiden übrigen Fahrten bis zur nächsten Preiserhöhung noch aufbraucht.

Aufgrund meiner hohen ÖPNV-Affinität fahre ich oft trotzdem mit dem Bus. Meine Schwester dagegen würde gerne die Umwelt schonen und dafür auch die längeren Fahrzeiten des Busses in Kauf nehmen, greift angesichts der erwähnten Preise dann allerdings doch meistens auf das Auto zurück.

Um dieses Problem zu lösen und den ÖPNV attraktiver zu machen, würde ich mich über eine Änderung des Tarifs freuen, ohne dabei aber das Tarifsystem noch weiter verkomplizieren zu wollen. Vor einiger Zeit wurde etwa Marl-Polsum zum Überlappungsbereich der Tarifgebiete Marl und Gelsenkirchen erklärt, so dass Fahrten in beide Städte nun mit der Preisstufe A möglich sind. Es würde mich freuen, wenn es noch mehr von solchen pragmatischen Lösungen gäbe. Aber auch eine generelle Neudefinition der Preisstufen oder des Ticketsortiments (z.B. Tagesticket unter dem Preis von zwei Einzeltickets) wäre hier ein Schritt in die richtige Richtung.

Mir ist klar, dass solche Änderungen natürlich Einnahmeverluste für die Verkehrsunternehmen bedeuten. Wenn diese aber nicht über Mischkalkulationen oder die dann verstärkte Nutzung abgefangen werden können, bin ich gerne bereit, auch an die Aufgabenträger zu appellieren, diese Verluste zu tragen. Nach meiner Erfahrung gehört eine innerstädtische Einzelfahrt im VRR nicht nur im deutschlandweiten Vergleich zu den teuersten überhaupt. Selbst in New York, einer der teuersten Städte der Welt mit wesentlich besserem Nahverkehrsangebot, ist eine Einzelfahrt für die gesamte Stadt für umgerechnet 2 Euro zu haben.

Ich würde mich daher freuen, wenn es in dieser Hinsicht ein wenig Bewegung gäbe und freue mich auf Ihre Rückmeldung dazu.

Mit freundlichen Grüßen

Minute 18

Das ist ab Sonntag die neue Abfahrtszeit der Regionalbahn von Recklinghausen Richtung Essen. Das ist soweit keine große Nachricht, ärgerlich ist sie allerdings für alle, die aus Marl und Dorsten diesen Zug erreichen wollen: Der SB 25 kommt nämlich erst zur Minute 16 am Recklinghäuser Hbf an, und zwei Minuten Übergangszeit sind doch arg knapp. Eine halbe Stunde später passt alles, der RE fährt dann zur Minute 54 ab, so dass das Umsteigen aus dem Bus mit Ankunft um .46 unter normalen Umständen bequem möglich ist. Übrigens fährt der RE jetzt ab Essen weiter nach Düsseldorf, wohin wahrscheinlich von ERE aus mehr Fahrgäste fahren wollen als nach Mönchengladbach. Auch in der Gegenrichtung klappen die Anschlüsse: Ankunft aus Essen zu den Minuten 03 und 38, Abfahrt des SB 25 um .13 und .43. Mich würde mal interessieren, wie dieser „Hinketakt“ zustande kommt, nachdem sich bisher RE und RB fast exakt zum Halbstundentakt ergänzt haben: liegt es an betrieblichen Zwängen oder besseren Anschlüssen in Essen? Ich gehe schon davon aus, dass es für solche Änderungen Gründe gibt, aber leider erfährt man diese als Laie (auch als interessierter) selten.
Und auch die Busunternehmen müssen die Bahnfahrpläne so hinnehmen und versuchen, ihre Fahrpläne darauf auszurichten. In diesem Fall wird am Fahrplan der SB 25 kaum noch etwas zu ändern sein, denn er ist immer zum Rundumanschluss zur Minute 00/30 in Marl Mitte, und die Fahrzeit von dort bis Recklinghausen kann nach diversen Beschleunigungsmaßnahmen nicht noch weiter verkürzt werden. Zum Glück ist vom Anschlussverlust nur eine Fahrt pro Stunde betroffen, die außerdem zu Zeiten des Stundentakts nicht angeboten wird. Halbstündige Wartezeiten am späten Abend wird es also, sofern alles pünktlich fährt, nicht geben, zumal sich als Alternative zwischen Marl und Essen auch noch die S 9 anbietet.

Neues Tarifsystem im VRR

Seit dem 1. August gilt im VRR ein neues Preisstufensystem. Neu dazu gekommen ist die Preisstufe D, mit der man – wie mit der alten Preisstufe C – im ganzen Verbundgebiet fahren kann. Die neue Preisstufe C gilt nur noch für Fahrten, die (grob gesagt) ein Tarifgebiet weiter führen als Preisstufe B. Die Preisstufe B ändert sich nicht. Die Preisstufe A wird – nur für Ticket 1000 und 2000 – in A1 und A2 aufgeteilt. A1 gilt in kleineren, A2 in größeren Städten, dabei sind auch alle, die aus zwei Tarifgebieten bestehen.

Natürlich sind Fahrscheine der Preisstufe D teurer als bisher die der Preisstufe C (die neuen C-Tickets sind dafür etwas günstiger als die alten). Die bisherige Preisstufe C war anscheinend eine Art Mischkalkulation, die jetzt aufgespalten worden ist. Es ist immer schade, wenn Fahrten mit dem ÖPNV drastisch teurer werden, aber das ist natürlich ein (endloses) politisches Thema. Immerhin müssen diejenigen, die nur wenig über den Bereich der Preisstufe B hinausfahren, jetzt nicht mehr für eine Fahrt durch den kompletten Verbund bezahlen.

Sparen könnte man auf bestimmten Strecken immer noch, indem man Fahrten in mehrere Teilstrecken aufteilt, wenn man sowieso umsteigen muss (z.B. Marl–Ratingen B+B statt D oder Marl–Essen Süd B+A statt C). Leider verbieten das die Tarifbestimmungen, wobei ich mich frage, warum und wie das kontrolliert werden kann.

Was ich mich auch frage, ist, wo der Sinn der neuen Preisstufe A2 liegt. Offensichtlich soll der Aufpreis eine Art Zuschlag für das bessere Angebot in großen Städten sein. Aber durch die Einführung dieser Preisstufe wird das Tarifsystem nur unnötig kompliziert. Und statt mit einem Zuschlag zwischen 81 Cent und 1,30 Euro pro Monat hätte man das Ganze auch gut mit einer Mischkalkulation lösen können (finde ich).

Fristlos gekündigt

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hat seinen Verkehrsvertrag mit der Deutschen Bahn heute fristlos gekündigt. Das bedeutet, dass alle Nahverkehrszüge der DB ab sofort nur noch übergangsweise im VRR unterwegs sind, bis die Verkehre neu ausgeschrieben sind. Die DB fährt ja im Nahverkehr nicht mehr auf eigenes Risiko, sondern immer nur im Auftrag der Bundesländer bzw. der Nahverkehrs-Zweckverbände.
Der konkrete Anlass für die Kündigung war, dass in den Zügen weniger Sicherheitspersonal mitgefahren ist als vertraglich vereinbart. Allerdings gab es in letzter Zeit schon öfter Auseinandersetzungen zwischen VRR und DB, vor allem wegen mangelnder Pünktlichkeit.

Ich bin gespannt, wie sich die Kündigung mittelfristig auswirkt. Wahrscheinlich wird es eher neu ausgehandelte Bedingungen zwischen VRR und DB geben als einen völligen Betreiberwechsel. Denn ich schätze mal, selbst wenn die heute von der DB betriebenen Strecken in Teilnetze aufgeteilt ausgeschrieben werden, werden sich nicht genug andere Betreiber finden. Auf jeden Fall hoffe ich, dass sich hier die Regionalisierung des ÖPNV für die Fahrgäste positiv auswirkt.

Hier die Meldung des WDR zum Thema: → VRR kündigt Vertrag mit Bahn fristlos

Nachtrag (November 2009): Ausgegangen ist das Ganze übrigens mit einem Kompromiss, nach dem die DB Geld in die Modernisierung des Fahrzeugparks investiert. Der VRR erhält einen Teil der Erlöse der DB, verschiebt dafür aber geplante Ausschreibungen um einige Jahre. So bleiben also die verkehrsroten Fahrzeuge den VRR-Fahgästen noch einige Zeit erhalten.