Streckenkunde 2013

Gut drei Jahre ist es her, dass ich das letzte Mal eine Karte der von mir befahrenen Bahnstrecken in Deutschland veröffentlicht habe. Zeit, sie zu aktualisieren: Karte 2013. Über die meisten Fahrten habe ich ja im Blog berichtet. Die „terrae incognitae“ bleiben im Wesentlichen die gleichen: der Osten, aber auch weite Teile meines aktuellen Heimatbundeslandes. Gegenüber der letzten Version habe ich auch einige Fehler korrigiert: In Geltendorf und Eilenburg war ich nämlich noch nie. Dafür habe ich jetzt auch Strecken wie die Ratinger Weststrecke markiert, die ich „nur“ im Dunkeln befahren habe. Nicht aufgeführt ist aber der deutsche Abschnitt der Fahrt mit dem Nachtzug Lund–Berlin, weil ich selig schlummernd nicht einmal mitbekommen habe, über welche Strecke die ging. Ebenfalls nicht aufgeführt ist eine meiner allerersten Bahnfahrten, die 1988 von Attendorn nach Eichhagen ging – daran kann ich mich nämlich, da noch kein Eisenbahnfreund, praktisch gar nicht erinnern. Meine nächsten Reisepläne gehen erst mal ins Ausland, daher wird es noch eine Weile dauern, bis alle deutschen Strecken „schwarz“ sind.

Weiße Stadt, Cité Blanche oder Yeti Witch?

Dass U-Bahn-Netzpläne eine Spielwiese für Sprachspieler darstellen, konnten aufmerksame JKBF-Leser schon in den Beiträgen über den übersetzten Plan von Stockholm und den Anagrammplan von Berlin sehen. Für eins der ältesten und größten U-Bahn-Netze der Welt gibt es so etwas natürlich gleich mehrfach: das „Project Mapping“ stellt auf seiner Website eine → Sammlung von Variationen des Londoner U-Bahn-Plans vor. Darunter sind auch mehrere deutsche und eine französische Übersetzung sowie eine Anagrammkarte. Wer sich generell für den Schienenverkehr auf den britischen Inseln und anderswo interessiert, findet beim Weiterklicken auf der Website auch noch weitere selbst gestaltete Karten sowie Kritik an den offiziellen Darstellungen.

Die Lösung aller Probleme

Das Dilemma mit den ausgefallenen Klimaanlagen am Wochenende brachte mich auf eine ganz revolutionäre Idee: Was wäre, wenn wir den Bahnbetrieb in Deutschland komplett einstellen würden? Eigentlich hätte das doch nur Vorteile:

  • Die Deutsche Bahn hätte endlich keine Kosten für die Wartung von Fahrzeugen und Infrastruktur mehr und könnte sich voll und ganz auf ihre weltweiten Logistikaktivitäten konzentrieren. Dann würde es bestimmt auch endlich mit dem Börsengang klappen.
  • Die Mitarbeiter der DB müssten nicht mehr zu unchristlichen Zeiten im Führerstand hocken oder Fahrkarten kontrollieren, sondern könnten ausschlafen und hätten so mehr Zeit für ihre Familien.
  • Die privaten EVU würden Millionen an Trassenentgelten sparen und bräuchten sich nie mehr über ungerechte Behandlung durch DB Netz zu beschweren.
  • Die Bahnindustrie wäre endlich den Druck los, Fahrzeuge pünktlich fertigzustellen und hätte so auch keine langwierigen Streitereien mit den EVU und dem EBA mehr.
  • Die Mitarbeiter des Eisenbahn-Bundesamtes wiederum könnten endlich wieder ruhig schlafen, da sämtliche Sicherheitsbedenken aus dem Bahnbetrieb ein für alle Mal ausgeräumt wären.
  • Bund und Länder könnten endlich das Geld für Regionalisierungs- und Infrastrukturmittel einsparen und an anderer Stelle verwenden.
  • Busunternehmer und Spediteure würden sich über nie geahnte Auftragsrekorde freuen.
  • Alle Parteien hätten ihre Ziele erreicht: CDU und FDP würden sich freuen, dass es auf dem Eisenbahnmarkt keine Wettbewerbsverzerrungen mehr gibt. SPD und Linkspartei würden betonen, dass auch die schlecht bezahlten Jobs bei den Privatbahnen der Vergangenheit angehören. Die Grünen hätten einen weiteren Klimakiller eliminiert, und die Piratenpartei hätte endlich den fahrscheinlosen Bahnverkehr.
  • Die EU würde alle Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland aufheben, da ausländische EVU nicht mehr gegenüber deutschen diskriminiert würden. Außerdem wären auf einen Schlag 100% des deutschen Bahnnetzes mit ETCS ausgestattet.
  • Stadtplaner, Architekten und Immobilienmakler würden sich freuen, dass plötzlich jede Menge Bauland in bester Lage zur Verfügung stünde.

Den einzigen Nachteil würden wohl die Fahrgäste davon tragen. Zwar könnten sie die wegfallenden Bahnverbindungen durch Umstieg auf Auto, Fahrrad und Billigflieger kompensieren, nur müssten sie sich dann ein anderes Thema für ihre Witzeleien und Lästereien aussuchen. Und das kann dauern!

Mal wieder ein Auskunftskuriosum

Sucht man in der DB-Reiseauskunft für den 22. April eine Fahrt von Dresden nach Aschaffenburg, findet man u.a. folgende Verbindung:


Dresden Hbf So, 22.04.12 ab 13:53 3 ICE 1556
Leipzig Hbf So, 22.04.12 an 15:07 10
Leipzig Hbf So, 22.04.12 ab 15:26 18 IC 1948
Frankfurt(Main)Hbf So, 22.04.12 an 20:40 2
Frankfurt(Main)Hbf So, 22.04.12 ab 20:54 4 ICE 821
Aschaffenburg Hbf So, 22.04.12 an 21:22 6

Im Vergleich zu anderen Verbindungen fällt die längere Fahrtdauer bei gleichzeitig niedrigerem Sparpreis auf. Beides liegt daran, dass zwischen LL und FF der Sonntags-Verstärker-IC 1948 benutzt wird, der nicht über Erfurt, sondern über Nordhausen fährt. Allerdings hält dieser auch um 20.12 Uhr in Hanau, wo 20 Minuten später der Umstieg auf IC 2329 nach NAH möglich wäre – über eine halbe Stunde und 20 Euro gespart! Wartet man in Hanau eine Dreiviertelstunde auf den nächsten RE, ist man immer noch vor dem ICE da und zahlt sogar noch mal 10 Euro weniger. Leider werden diese Verbindungen nur angezeigt, wenn man als Unterwegsbahnhöfe Nordhausen und Hanau (letzteres mit 10 bzw. 20 min Aufenthalt) eingibt. Dass die DB so etwas absichtlich macht, um die Fahrgeldeinnahmen zu maximieren, möchte ich ihr nicht unterstellen. Bleibt nur die Möglichkeit, dass es sich hier um einen recht kuriosen Fehler im Suchalgorithmus handelt.

Von Wustkerze bis Kurszote

Nicht nur Übersetzen von Netzplänen führt zu kuriosen Ergebnissen: Der Künstler Benny Nero hat einen Netzplan (wohl leider inzwischen nicht mehr online) von Berlin mit Anagrammen der Stationsnamen erstellt. Wenn man dann in „Pfau hat Hohn/Fehlbar erbt Hohn“ (Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof) angekommen ist, kann man von dort aus zum Beispiel zur „Burg Rattenloch“ (Charlottenburg) fahren. Interessanterweise lassen sich aus fast allen Namen mehr oder weniger sinnvolle deutsche oder englische Wörter basteln, nur „Lue Bevel“ (Bellevue) ergibt nicht unbedingt einen Sinn. Meine Favoriten, ohne ein Urteil über die jeweiligen Orte fällen zu wollen: „Abwassers edler Rest“ (Eberswalder Str.), „Moped Rastplatz“ (Potsdamer Platz), „Smart rasiert“ (Samariterstr.) und „Schweineöde“ (Schöneweide). Den originalen Berliner Plan gibt es → hier zum Vergleich.

Ist das Netz konvex, …

Heute wird es mal wieder etwas exzentrisch, d.h. noch exzentrischer als sonst … In der Mathematik heißt eine geometrisch darstellbare Menge konvex, wenn eine Verbindungslinie zwischen zwei beliebigen Punkten der Menge immer vollständig innerhalb der Menge liegt. Diese Definition kann man auf Städte und Bahnhöfe übertragen: Wenn es in einer Stadt mehrere Bahnhöfe (bzw. Haltepunkte) gibt, kann man normalerweise zwischen ihnen auf der Schiene hin und her fahren, ohne die Stadt zu verlassen. Es gibt jedoch Ausnahmen, eine davon ist meine Heimatstadt Marl: Will man mit dem Zug von Marl Mitte nach Marl-Sinsen, muss man über die Nachbarstadt Haltern am See fahren.
Im Folgenden seht ihr – nach Bundesländern sortiert – die Städte und Gemeinden mit „nichtkonvexen“ Bahnnetzen, die ich beim Durchforsten des Eisenbahnatlas Deutschland gefunden habe. Gewertet habe ich dabei der Einfachheit halber nur Gemeinden, bei denen man über einen Bahnhof oder Haltepunkt in einer anderen Gemeinde fahren muss. Führt eine Strecke ohne Halt über fremdes Stadtgebiet, habe ich das nicht mitgezählt. Hinter dem Gemeindenamen habe ich jeweils Beispiele für Bahnhöfe aufgeführt, die nicht miteinander verbunden sind.

Baden-Württemberg
Adelsheim (Nord, Ost)
Ditzingen (Bf, Heimerdingen)
Ettlingen (Stadt, West)
Horb am Neckar (Bf, Heiligenfeld)
Pfinztal (Berghausen, Berghausen-Hummelberg)
Stuttgart (Hbf, Weilimdorf)

Bayern
Hersbruck (r Pegnitz, l Pegnitz)
Lauf (r Pegnitz, l Pegnitz)
Nürnberg (Hbf, Nordost)
Pommelsbrunn (Pommelsbrunn, Hohenstadt)
Schwaig b. Nürnberg (Schwaig, Behringersdorf)

Brandenburg
Beelitz (Stadt, Heilstätten)
Kolkwitz (Bahnhof, Süd)
Potsdam (Hbf, Rehbrücke)
Röderland (Prösen, Prösen Ost)
Teltow (Bf, Stadt)

Hessen
Elz (Bf, Süd)
Groß Gerau (Bf, Dornberg)
Limburg (Bf, Süd)
Münster (bei Dieburg) (Bf, Altheim [Hessen])
Offenbach (Hbf, Ost)
Sulzbach (Taunus) (Bf, Nord)

Mecklenburg-Vorpommern
Binz (Ostseebad Binz, Ostseebad Binz Landesbahn)

Niedersachsen
Ganderkesee (Bf, Hoykenkamp)
Seevetal (Hittfeld, Maschen)

Nordrhein-Westfalen
Bad Oeynhausen (Bf, Süd)
Bochum (Hbf, Dahlhausen)
Bönen (Bf, Nordbögge)
Bonn (Hbf, Beuel)
Bottrop (Hbf, Feldhausen)
Brühl (Bf, Kierberg)
Castrop-Rauxel (Hbf, Süd)
Duisburg (Hbf, Ruhrort)
Erkrath (Bf, Nord)
Eschweiler (Hbf, Talbf)
Essen (Hbf, Altenessen)
Gelsenkirchen (Hbf, Buer Süd, Buer Nord)
Kaarst (Bf, Büttgen)
Leverkusen (Mitte, Opladen)
Marl (Mitte, Sinsen)
Telgte (Bf, Westbevern)

Rheinland-Pfalz
Alsdorf (Westerwald) (Bf, Grünebacherhütte)
Diez (Bf, Ost)

Sachsen
Auerbach (Vogtl) (ob Bf, unt Bf)
Delitzsch (ob Bf, unt Bf)
Falkenau (Flöha) (Bf, Süd)
Plauen (ob Bf, unt Bf)
Radebeul (Ost, Naundorf)
Schkeuditz (Bf, Leipzig-Halle Flughafen)

Thüringen
Bad Sulza (Bf, Nord [Betrieb 2017 eingestellt])
Geratal (Geraberg, Gräfenroda)
Grammetal (Hopfgarten, Obergrunstedt)
Pößneck (ob Bf, unt Bf)

Um zwischen diesen auf dem Stadtgebiet unverbundenen Bahnhöfen auf dem Schienenweg hin und her zu fahren, reicht in aller Regel einmal Umsteigen aus, meist schon eine Station weiter in der Nachbarstadt. In Bottrop geht es sogar ohne Umsteigen. Mehr als einmal Umsteigen ist dagegen nötig in Gelsenkirchen (Buer Nord und Süd), Delitzsch, Groß Gerau und Pößneck. Delitzsch hat außerdem die Besonderheit, dass sich beide Strecken im Stadtgebiet kreuzen, allerdings ohne Umsteigemöglichkeit. Ebenso ist es in Essen, wo aber die Bahnhöfe Dellwig und Dellwig Ost nur ca. 500 m voneinander entfernt liegen. In Groß-Gerau dagegen gibt es eine Verbindung zwischen beiden Bahnhöfen, die aber nicht von Personenzügen befahren wird. Ein absoluter Sonderfall ist der Nürnberger Nordostbahnhof, den man auch mit noch so viel Umsteigen nicht vom Hauptbahnhof aus erreichen kann, da die Strecke von dort nach Gräfenberg ein Inselbetrieb ist. Hier gilt, was in den meisten anderen Orten der Liste auch gilt: Gut, dass es noch andere Verkehrsmittel gibt! Im Falle Nürnbergs ist man mit der U-Bahn am besten bedient, in anderen Orten kann man die Entfernung zwischen den Bahnhöfen gut zu Fuß zurücklegen.

Da im Atlas nicht immer zu erkennen ist, zu welcher Gemeinde die Bahnhöfe gehören, habe ich sicher noch die eine oder andere nichtkonvexe Stadt übersehen. Bevor ich den Exzentrikmodus wieder ausschalte, daher also der Hinweis, dass ich wie immer eure Ergänzungsvorschläge dankend annehme ;).

Nachtrag: Offenbach hatte ich vergessen (meines Wissens gibt es keine direkten Züge mehr von Ost nach Hbf, auch wenn die Verbindung gleistechnisch möglich ist)
Nachtrag 2: Stuttgart (danke an Tobias für den Hinweis), Leverkusen und Kolkwitz ergänzt
Korrektur: Radebeul Bf gibt es nicht, ersetzt durch Radebeul Ost
Nachtrag 3: Binz ergänzt, als Besonderheit sind hier noch verschiedene Spurweiten und Eigentümer der beiden Strecken zu verzeichnen
Nachtrag 4: Beelitz ergänzt
Nachtrag 5: Horb am Neckar ergänzt
Nachtrag 6: Adelsheim ergänzt
Nachtrag 7: Alsdorf (Westerwald) ergänzt
Nachtrag 8: Diez und Sulzbach (Taunus) ergänzt
Nachtrag 9: Urmitz ergänzt, Hinweis auf Betriebseinstellung bei Bad Sulza Nord
Nachtrag 10: Urmitz wieder entfernt, der Bf Urmitz gehört zu Mülheim-Kärlich
Nachtrag 11: Geratal ergänzt
Nachtrag 12: Bönen und Grammetal ergänzt
Nachtrag 13: Bad Oeynhausen ergänzt, Einträge innerhalb der Bundesländer alphabetisch sortiert
Nachtrag 14: Telgte und Teltow ergänzt
Nachtrag 15: Brühl ergänzt
Nachtrag 16: Ditzingen und Ganderkesee ergänzt

Negative Grenzkosten

Bei der alljährlichen Berechnung der passenden Bahncard ist mir vorhin aufgefallen, dass der Normalpreis mit ICE von NAH nach EE 91, nach ERE (mit ICE bis EE) aber nur 87 Euro beträgt. Weitere Recherchen ergaben, dass Essen anscheinend ein Gravitationszentrum ist, denn Fahrscheine in alle umliegenden Städte kosten, selbst wenn man sie nur über Essen erreicht, weniger. Pfennigfuchsern, die unterwegs in die Ruhrmetropole sind, sei daher geraten, einen Fahrschein bis Gelsenkirchen (83 Euro) zu buchen und das letzte Stück verfallen zu lassen. Der Grund für diese Kuriosität ist unklar, möglicherweise hängt das mit der ermittelten Zahlungsbereitschaft der Fahrgäste zusammen. Sollte die DB diesen Beitrag lesen, so hoffe ich doch sehr, dass der Preis nach Essen gesenkt und nicht die Preise in alle anderen Orte erhöht werden ;).

Nachtrag: Auch dieses Jahr bin ich übrigens mit der Bahncard 25 wieder günstiger gefahren als ich es mit der 50er wäre, wobei die Differenz vorwiegend durch den Preis der Bahncards selbst zustande kommt.
Nachtrag 2: In einer → Diskussion im ICE-Treff finden sich noch weitere Beispiele, in denen die längere Strecke weniger kostet als die kürzere.

Einst und jetzt 3 – Nachtrag

Zur dritten und letzten Folge meiner kleinen Serie „Einst und jetzt“ hat Martin einen so ausführlichen Kommentar geschrieben, dass ich ihm einen eigenen Beitrag widme.

Hallo,

solche Beiträge lese ich bei Dir immer wieder gerne 🙂

Danke ;).

[…]
Dem alten Busbahnhof trauere ich nämlich, ehrlich gesagt, schon nach. Mir hat diese Form der Busbahnhöfe (wie man sie ja auch z.B. in GE-Buer Rathaus findet) schon immer besser gefallen als der neue Busbahnhof (wie auch in RE), wo sich die eintreffenden und abfahrenden Linien zudem noch kreuzen.[…]

Stimmt, das ist ein Nachteil der Mittelinsel-Bauform. Bei der Bauform mit parallelen Bussteigen sind außerdem die Umsteigewege tendenziell kürzer. Insgesamt ist es wohl Geschmackssache ;).

Die Abreißfahrkarten hatten IMHO viel mehr Charme, als die gedruckten Fahrscheine auf Thermopapier, die man heutzutage überall kriegt.

Das stimmt absolut. Ich hoffe, ich habe nicht den Eindruck erweckt, dass früher alles schlecht und heute alles gut ist :).

Ich hab die als Kind gesammelt, weil die auch interessant waren, verschiedene Gesellschaften hatten schöne Logos auf ihren Fahrkarten (StOag in Oberhausen mit dem schiefen O) und jeder hatte seine eigene Farbe (Vest waren glaub ich gelb, ich kenne blaue oder rote auch).

Meines Wissens hing die Farbe zumindest bei der Vestischen von der Preisstufe ab: die Preisstufe 1 zum Beispiel gelb. Andere Betriebe mögen andere Farben gehabt haben, von der Bogestra habe ich noch ein blaues Preisstufe-B-Ticket in der Sammlung.

Leider sind die alten Bestände meiner Fahrkarten dem Aufräumwahn meiner Eltern zum Opfer gefallen, wie auch die Verbundfahrpläne Bereich 2 (und teilweise auch andere) ab 1980. Die hätten heute sicher einen guten Wert!

Meine allerersten Fahrpläne sind meinem eigenen Aufräumwahn zum Opfer gefallen, aber von einem ehemaligen Kollegen bei der Vestischen habe ich einige noch ältere Fahrplanbücher bekommen. Das von 1983 habe ich dreifach; wenn du oder ein andere Blogleser Interesse daran hast, einfach bei mir melden!

Dass man nach 20 Uhr beim Fahrer einsteigen musste, kam auch erst ziemlich spät. Ich bin zwar damals selten um die Zeit Bus gefahren, aber da gabs das glaub ich auch noch nicht.

Was die Preisstufen angeht, fand ich die Regelung mit den Waben viel einfacher. Ich bin neulich mal mit meinen Kindern nach Wuppertal und Solingen (Schwebebahn und O-Bus :-)) gefahren (Ticket für den Gesamtraum für stolze 35 EUR!), da hab ich mich mal über diese Buchstabenzonen erkundigt und ich fand das sehr kompliziert. Ganz verstanden habe ich es immer noch nicht 😉

Scheint auch Gewohnheitssache zu sein … Das ABC-System war genial einfach: 2 Waben, 1 Tarifgebiet oder 1 Großstadt ist A, bis zu zwei Tarifgebiete weiter ist B, alles darüber hinaus ist C. Mit D und E ist es etwas komplizierter, aber viel einfacher kann es damals bei sechs Preisstufen mehr auch nicht gewesen sein ;).

Was die Bordcomputer, die GPS-gestützten Haltestellenansagen, Vorrangschaltung der Ampeln und den Vorneeinstieg angeht, das gibts hier im VGN (Nürnberg) auch. Dazu noch Abfahrtstafeln an Haltestellen, die anzeigen, wann der nächste Bus kommt, nicht lt. Fahrplan, sondern anhand der Position der Busse). Aber gibts das nicht sogar auch shcon in Marl?

Vorneeinstieg gibt es mittlerweile fast deutschlandweit mit der Konsequenz, dass zumindest hier in AB so gut wie gar nicht mehr wirklich kontrolliert wird. In Marl gibt es meines Wissens keine DFI, was sogar ein kleiner Rückschritt ist: Vor Jahren gab es in Marl Mitte nämlich mal eine Anzeige, die in Echtzeit die Ankunft des nächsten SB 26 verkündet hat (war damals ein Modellprojekt). Mir persönlich ist ein sinnvolles Angebot allerdings auch wichtiger als eine bunte Anzeige, hier in AB scheint es manchmal genau umgekehrt zu sein.

Ja, Dein Beitrag weckt nostalgische Gefühle in mir, und ich freue mich immer wieder darüber. Danke vielmals und viele Grüße!

-Martin

Danke, das freut mich sehr! Die Nostalgiethemen habe ich ja jetzt erst mal durch, ich hoffe, dass du trotzdem meinem Blog gewogen bleibst.

Viele Grüße aus der VAB in den VGN,

Jan

Einst und jetzt 3 – Sonstiges

Da ich mal wieder Zeit und Lust habe, kommt jetzt der letzte Teil der Serie „Einst und Jetzt“. Diesmal vergleiche ich alles, was nicht Fahrzeuge und Liniennetz ist – Schauplatz ist wieder das Gebiet der → Vestischen im Zeitraum von den späten Achtzigerjahren bis heute.

Damals ließ der Blick auf den Linienplan an manchen Stellen (vor allem Marl und Haltern) ein dichtes Netz vermuten, das sich aber bei genauerem Hinsehen als eine Bündelung von Linien für Werksangehörige der damaligen HÜLS AG bzw. Halterner Schüler entpuppte, die anderen Fahrgästen relativ wenig Nutzen brachten. Nachdem in den 80er-Jahren die Linien alle mit derselben roten Farbe auf einem normalen Stadtplan dargestellt worden waren, ging man im darauffolgenden Jahrzehnt dazu über, zwar verschiedene Farben zu nutzen, aber den Stadtplanhintergrund wegzulassen und die Linienverläufe so zu schematisieren, dass kaum noch erkennbar war, über welche Straßen die Linien verliefen und wo die Haltestellen genau lagen.
Im zugehörigen Fahrplanbuch dominierten von Hand erstellte Fahrplantabellen mit Linienbändern, in denen noch die Zahlgrenzen angegeben waren. Welche Funktion diese hatten (zwei Zahlgrenzen waren die maximale Entfernung, auf der der Kurzstreckentarif galt), war jedoch nicht zu erkennen, was das Ganze etwas mysteriös machte. Noch mysteriöser wurde es dadurch, dass es Zahlgrenzen ohne Haltestelle gab, die dann im Linienband die Bezeichnung „Tarifpunkt“ mit dem Hinweis „Tarifpunkt keine Haltestelle“ trugen.

Fahrscheine gab es entweder beim Fahrer oder an einem zugigen Schalter am Busbahnhof. Letzterer bot auch sonst nicht viel Komfort: ein paar schmale parallel angeordnete Bordsteinkanten mit einem zugigen Wartehäuschen mussten reichen. Egal, wo man die Fahrkarten kaufte, sie kamen von einem Abreißblock, zu dem die fertig gedruckten Fahrscheine gebündelt waren. Dabei gab es außer der Kurzstrecke die Preisstufen 1 bis 5. Die 5 deckte aber noch nicht den ganzen Verbundraum des VRR ab; wollte man weiter fahren, musste man die sechs Preisstufen des so genannten Regionaltarifs nutzen, der nur in den Zügen der Deutschen Bundesbahn galt. Wenn man schon einen Fahrschein hatte, konnte man im Bus hinten einsteigen und ihn dort entwerten. Nur nach 20 Uhr musste man immer beim Fahrer einsteigen. Wo man dann wieder aussteigen musste, konnte man mit viel Glück oder auf Nachfrage aus einer Ansage des Fahrers erfahren. Um den Haltewunsch dann dem Fahrer zu signalisieren, musste man zur hinteren Tür gehen und dort den Haltewunschknopf drücken. Allerdings kamen Anfang der Neunzigerjahre bereits Haltestellenanzeigen und im ganzen Bus verteilte Haltewunschtasten auf.

Und wie sieht es heute aus? Die Fahrplanbücher sind komplett computererstellt. Zahlgrenzen oder Tarifpunkte sind daraus nicht mehr erkennbar, was auch nicht nötig ist, da ein Kurzstreckenticket in der Regel drei Stationen weit gilt. Die Linienpläne zeigen jetzt sowohl einen Stadtplan als auch ein buntes Liniennetz, in dem die meisten Schüler- und Werkslinien nicht mehr dargestellt sind (soweit es sie überhaupt noch gibt).

Die Fahrscheine heißen jetzt offiziell Tickets und werden erst beim Kauf gedruckt, nach anfänglichen Schwierigkeiten sind sie inzwischen auch dann noch lesbar, wenn man sie ein paar Tage im Portmonee gehabt hat. Die Preisstufen wurden 1993 radikal vereinfacht auf Kurzstrecke, A, B und C, was erst 2008 durch die Einführung einer neuen Preisstufe D wieder etwas aufgeweicht wurde (ab 2012 wird es eine weitere Preisstufe E geben). Dabei sind natürlich alle Preisstufen in allen VRR-Verkehrsmitteln gültig. Die Tickets gibt es zwar immer noch beim Fahrer, der Schalter ist aber in den meisten Städten einem modernen Kundenzentrum gewichen, das meistens direkt neben einem nagelneuen Busbahnhof steht. Der wiederum besteht oft aus einer großen überdachten Mittelinsel, an der reihum die Bussteige wie Sägezähne angeordnet sind.
A propos Drucken: Die Fahrscheindrucker in den Bussen sind nicht nur Drucker, sondern Bordcomputer, die (anhand der zurückgelegten Strecke) auch die Haltestellenanzeige und -ansage steuern, so dass man sich nicht mehr auf die seltenen und nicht immer verständlichen Ansagen der Fahrer verlassen muss. Die Ansagen werden vom Computer erzeugt und haben deswegen manchmal einen kuriosen Akzent („Marienhohspitall“). Über die Bordcomputer werden auch die Ampeln angesteuert – dadurch gibt es schneller grün, die Fahrgäste sind schneller am Ziel und die Vestische braucht weniger Busse.

Seit 2002 muss in den Bussen der Vestischen grundsätzlich vorne eingestiegen und der Fahrschein vorgezeigt werden. Dieser „kontrollierte Einstieg“ führt nicht zu größeren Verspätungen, was mich damals erstaunt hat. Bei großem Andrang, Kinderwagen, Rollstühlen etc. kann der Fahrer auch weiterhin die hintere Tür zum Einstieg öffnen.
Aussteigen kann man ab 20 Uhr übrigens nicht nur an den Haltestellen, sondern unter bestimmten Bedingungen auch dazwischen. Ich nutze das ganz gerne, seit die Haltestelle, die mir am nächsten lag, weggefallen ist, auch wenn die Mindestentfernung von 200 Metern gerade so erreicht wird.

Und damit endet meine kleine Zeitreise in der Hoffnung, dass sie euch gefallen und vielleicht ein paar nostalgische Gefühle geweckt hat. Und eine neue Vergleichsidee gibt es auch schon, nämlich zwischen dem ÖPNV in meinen beiden Wohnorten Aschaffenburg und Marl bzw. ihren jeweiligen Regionen. Ihr dürft gespannt sein!

Kann Jan Bahn fahrn?

Um diese Frage zu beantworten, habe ich mich am Samstag auf den Weg nach Fulda gemacht. Diesmal ging es aber nicht etwa um das Bahnfahren als Fahrgast, sondern um das Steuern eines ICE – eines fast echten, denn in Fulda befindet sich direkt hinter dem Hauptbahnhof das größte Simulatorzentrum der DB. Hier werden nicht nur Lokführer trainiert, sondern an Samstagen steht das Simulatorzentrum regelmäßig auch interessierten Laien zur Verfügung. Im Gegensatz zu den Lokführern freuen die sich in der Regel auf den Besuch im Simulator und müssen außerdem noch Geld dafür zahlen: 198 Euro kosten 20 Minuten Fahrt. Zum 30. Geburtstag hatte ich von meinen Eltern die Fahrt geschenkt bekommen und ein Jahr später endlich eingelöst.
Nach meiner überpünktlichen Ankunft hatte ich noch fast eine Stunde Zeit, um mir die Barockstadt Fulda aus der Nähe anzusehen. Nachdem ich bis zum Dom und zurück gelaufen war, machte ich mich um kurz vor zehn Uhr auf den Weg zum Simulatorzentrum. Nach der Begrüßung stand erst einmal eine Besichtigung des Simulatorzentrums an: hier befinden sich insgesamt fünf Simulatoren, jeder für eine andere Baureihe. Die 612 ist dabei ebenso vertreten wie die 425 und eben die ICE der BR 401 und 403. Letzterer Simulator wird aber demnächst umgebaut, damit das Fahrpersonal für die neue ICE-Baureihe 407 trainiert werden kann. Die Simulatoren bestehen nicht nur aus einer originalgetreuen Führerkabine, sondern auch aus eine Hydraulik, die diese entsprechend der eingestellten Fahrparameter bewegen und so eine Fahrt fast perfekt simulieren kann. Nachdem uns auf diese Weise schon der Mund wässrig geworden war, stand als nächstes eine Einführung in die Bedienungselemente und das Signalsystem an. Vieles kannte ich davon schon aus meinen „Fahrten“ im MS Train Simulator, aber es war trotzdem gut, alles noch einmal auf einen Blick zu haben. Nach einer kurzen Stärkung wurden die Gruppen eingeteilt, und los ging es! Das Ganze war so organisiert, dass immer drei „Lokführer“ zusammen mit einem Instruktor eine Stunde lang im Simulator waren, während der Rest der Gruppe im Kontrollraum zuschaute. Da ich erst bei der zweiten Gruppe eingeteilt war, hieß es für mich erst Zuschauen. Auch das war hochinteressant, denn der Mitarbeiter, der die Simulation steuerte, erklärte uns viele Details des Programms. Im Prinzip kann alles simuliert werden: verschiedene Strecken, Tag und Nacht, Nebel, Schnee und Regen, Hindernisse auf den Gleisen und natürlich verschiedenste Signal- und Betriebszustände. So verwirrte der „Steuermann“ seine Gäste mit Gleiswechselbetrieb, Wetterwechseln, zurückfallenden Signalen und Kühen auf dem Gegengleis. Letztere müssen als Betriebsgefahr über Zugfunk gemeldet werden, damit alle Züge auf der Strecke sofort anhalten.
Und dann war es soweit: Jetzt war ich mit Fahren dran. Von Stuttgart Hbf ging es über die Geislinger Steige, die mit ihren zahlreichen Geschwindigkeitswechseln sicher interessanter ist als eine reine ICE-Strecke. Schon auf dem ersten Kilometer provozierte ich eine Zwangsbremsung, da ich es nicht auf die Reihe bekommen habe, gleichzeitig die Sifa und die Wachsamkeitstaste zu betätigen. Aber zum Glück muss – im Gegensatz zum MS Train Sim – der „Zug“ nicht komplett anhalten, bevor es weiter gehen kann. Auf der weiteren Fahrt gewöhnte ich mich etwas an das Multitasking, das der Lokführer während der Fahrt leisten muss – → Sifa betätigen, Signale im Auge behalten und ggf. bestätigen und gleichzeitig auf dem → EBuLa-Gerät die aktuelle zulässige Geschwindigkeit ablesen. Diese ist nämlich selbst dann nicht immer an der Strecke angegeben, wenn sie niedriger ist als im vorherigen Abschnitt. Zum Glück hatte ich ja den Instruktor an meiner Seite, der mich immer frühzeitig auf alles hinwies, was eine Reaktion von mir erforderte. Viel zu schnell gingen so die 20 Minuten herum, so dass uns eine Schnellbremsung an einem zurückfallenden Signal aufgezwungen wurde, damit mein Nachfolger an die Steuerhebel konnte. Diesem schaute ich dann im Führerstand über die Schulter, während wir die dritte und letzte Gruppe wieder aus dem Kontrollraum beobachteten.
Gegen 16 Uhr war dann die Veranstaltung zu Ende: Wir bekamen unsere Urkunden überreicht, auf denen jeweils das offizielle Foto prangte, das vor der Fahrt von uns aufgenommen worden war. Dazu gab es noch ein Video mit einer echten Führerstandsmitfahrt sowie eine Empfehlung für die Fan-Website → Gleis 4, die ich hier gerne weiter gebe. Vor der Rückfahrt hatte ich noch einmal die Gelegenheit, mir Fulda ein wenig anzusehen, und dann ging es – mit einem echten ICE und ohne Komplikationen – über Hanau wieder zurück nach NAH. Vielen Dank an meine Eltern für das Geschenk, an die DB für das Bereitstellen der Simulatoren und an → Zug-Simulator-Event für die Organisation dieses Erlebnisses!

Jan im Simulator