Wie viel ÖPNV können wir uns leisten?

Zu diesem Thema besuchte ich am 18. Juni eine Veranstaltung der IHK Frankfurt in Zusammenarbeit mit der DVWG. Diskussionsteilnehmer (und teilweise auch Referenten) waren Prof. Ringat, Geschäftsführer des RMV, em. Prof. Monheim, bekannter Verkehrswissenschaftler, Frau Schaller-Galler von den Wiener Linien und Herr Caspar, verkehrs- und wohnungspolitischer Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion.
Am eloquentesten, aber auch am idealistischsten war eindeutig Prof. Monheim. Vor seiner Zeit an der Uni Trier hatte er in den Achtzigerjahren für die Landesregierung von NRW gearbeitet und dort den „Anfang vom Ende“ der hochtrabenden Stadtbahnpläne eingeleitet. Auch in Frankfurt warf er kritische Fragen auf: Warum fragen wir beim ÖPNV ständig nach der Rentabilität, während wir beim Straßennetz einfach hinnehmen, dass es subventionsbedürftig ist? Warum sind für den Straßenbau die Kommunen zuständig, für den ÖPNV jedoch die Landkreise? Warum gibt es keine Bürgerfahrkarte, also eine Art Semesterticket für alle Bürger? Warum herrscht in Deutschland so wenig Mut zu innovativen Angeboten?
In entsprechend starkem Kontrast stand Monheims Sichtweise zu denen der beiden anwesenden Herren aus der Praxis. Diese betonten, dass für viele Neuerungen das Geld und die politische Stimmung nun mal einfach nicht vorhanden seien. Frau Schaller-Galler dagegen lieferte den Blick über den Tellerrand, unter anderem mit der erstaunlichen Erkenntnis, dass in Wien eine Jahreskarte nur einen Euro pro Tag koste. Ringats Kommentar dazu: Das sei im RMV nicht umsetzbar, da man keinerlei freie Kapazitäten in Spitzenzeiten mehr habe.
Wenig erstaunlich war es angesichts der Anwesenden, dass die Diskussion kein klares Fazit brachte. Auch die Wortmeldungen aus dem Publikum brachten lediglich einige bis dahin noch nicht erwähnte Aspekte ein, wie z.B. die Subventionierung des Autoverkehrs durch die Kilometerpauschale, die die Fragestellerin aus ihrer angelsächsischen Heimat nicht kannte und die ihr zum ersten Mal den Kauf eines neuen Autos ermöglichte.
Mein privates Fazit war, dass eine Welt wie von Monheim gezeichnet für mich als ÖPNV-Fan sicher wünschenswert, aber gleichzeitig auch genau so utopisch wäre. Ob das nun an der relativ dünnen Bevölkerungsdichte Deutschlands oder an der starken Autoindustrie hierzulande liegt, vermag ich nicht zu sagen. Solange Deutschland jedoch so ist, wie es ist, wären einige Vorschläge Monheims eher kontraproduktiv: Die direkte Zuständigkeit der Kommunen für den Busverkehr etwa würde dazu führen, dass deren Blick an der Gemeindegrenze endet – wie man bei den kreisfreien Städten im Ruhrgebiet heute schon sehr schön beobachten kann. Das Bürgerticket hätte vielleicht nicht alle Nachteile eines komplett kostenlosen ÖPNV, würde aber im Zweifel, wie von Ringat angeführt, zu einer weiteren Überlastung der Spitzen und damit hohem Subventionsbedarf führen. Interessant war, dass Monheim im Gegenzug eine zeit- und streckenabhängige Pkw-Maut vorschlug, also im Grunde genau die Umkehrung der derzeitigen Verhältnisse. Als ein Beispiel für eine Innovation, die hierzulande blockiert wird, nannte er ausgerechnet Uber – wohl im Glauben, es handle sich im Grunde um eine neuartige Form der Mitfahrzentrale und nicht etwa um einen völlig unregulierten Taxidienst. Dem Vorschlag einer ÖPNV-Abgabe für Unternehmen nach französischem Vorbild (laut Monheim wurden dadurch viele der neuen Straßenbahnnetze finanziert) stehe ich dagegen deutlich positiver gegenüber.
Wir haben es hier wohl mit einem Henne-Ei-Problem zu tun: Solange viele Menschen ÖPNV heute noch mit Ineffizienz und Verspätungen verbinden, werden sie kaum den politischen Willen aufbringen, hierfür das nötige Kleingeld in den öffentlichen Haushalten bereitzustellen. Solange das aber nicht getan wird, können die Aufgabenträger kein adäquates Angebot auf die Beine stellen und somit nicht das Image des ÖPNV verbessern … Insofern ist es noch ein langer Weg, wenn überhaupt, bis die Wirklichkeit sich den Monheim’schen Idealvorstellungen annähert und Ringat und Caspar (eingeschränkt auch Schaller-Galler) für ihre Planungen die Ressourcen haben, die sie für eine angemessene Planung bräuchten.

Acht Minuten

… sind offensichtlich als Umsteigezeit zu kurz, selbst wenn der Anschluss so in der Auskunft ausgewiesen ist. Das habe ich gestern auf der Rückfahrt aus Lübeck zu spüren bekommen. Die Hinfahrt war ohne Probleme verlaufen: RE bis FH, dann mit dem ICE nach Lüneburg (beide Halte gibt es übrigens auf der Linie nur um diese Uhrzeit), dann weiter wieder mit dem RE nach AL. Ohnehin waren alle Züge pünktlich, aber angesichts der eher großzügigen Umsteigezeiten (13 min in FH, 33 in ALBG) hätte auch eine kleine Verspätung den Reiseplan nicht ins Wanken gebracht.
Anders auf der Rückfahrt: Diesmal hatte ich von AL nach AH nicht den RE, sondern den aus Fehmarn-Burg kommenden IC gebucht. Dieser fuhr auch pünktlich ab, blieb vor AH jedoch stehen, weil das Gleis noch belegt war – AH ist nun mal einer der überlastetsten Bahnhöfe im Netz, und Züge von Lübeck Richtung Süden können nur über Gleis 8 verkehren. Dort endlich angekommen, legte ich noch einen Sprint zu Gleis 14 hin, wo ich aber feststellte, dass mein Anschlusszug bereits über alle Berge bzw. in diesem Fall Brücken war. Also in die Lounge und eine gute halbe Stunde später in den ICE nach München gesetzt. Dort waren fast alle Plätze reserviert, ich erwischte zum Glück aber einen, dessen „Besitzer“ nicht auftauchte. Den aufkommenden Hunger stillte ich im ebenfalls rappelvollen Speisewagen mit einer Portion Nürnberger Bratwürstchen mit Kartoffelsalat.
Da der späte ICE von NWH nach NAH wegen Bauarbeiten nicht fuhr, lenkte mich die Reiseauskunft über Fulda. Den RE Richtung FF erreichte ich auch noch ohne Probleme. Leider musste der jedoch in Flieden einen ICE vorbei lassen, so dass wir mit +8 unterwegs waren – zu wenig, um in FH die RB nach NAH noch zu erreichen. Zum Glück fuhr nicht nur gut 20 min später ein ICE, der war sogar auch noch fast pünktlich, so dass ich letztendlich nur eine gute halbe Stunde später als geplant in NAH eintraf. Nur die RB zur Hochschule war natürlich weg, so dass ich angesichts des schweren Rucksacks mit dem Taxi nach Hause fuhr.