Eine Bahnfahrt, wie sie sein soll

Am Freitag wurde mal wieder gestreikt, zum Glück bedeutete das für mich nur, dass ich eine Stunde später als gebucht losfahren musste bzw. konnte. Der Zug war, anders als meine sonstige Erfahrung bei Streiks, recht voll. Für mich gab es aber noch einen Sitzplatz, und als Zugabe kam der Zug auf die Minute pünktlich in Köln an. Als ich dort auf den Anschluss Richtung Aachen wartete, kam kurioserweise ein 425er meines Arbeitgebers durch:

425er der S-Bahn Hannover bei der Durchfahrt durch Köln Hbf

So richtig kurios wurde es dann, als mein RE bei der Weiterfahrt immer wieder bremsen musste. Als Grund gab der Tf einen vorausfahrenden Zug an, den wir gleich überholen würden. Ihr ahnt es sicher schon: Es handelte sich um den 425er, der auf Werkstattfahrt nach Aachen war. Dass die S-Bahn Hannover schuld an einer Verspätung zwischen Köln und Aachen war, würden vermutlich viele Bahnnutzer nicht glauben … Letztendlich erreichte ich meinen Zielbahnhof Aachen Rothe Erde mit einigen Minuten Verspätung, was nicht schlimm war, da ich zu meinem Ziel Monschau mit dem Auto mitgenommen wurde.

Die leider seit geraumer Zeit eisenbahnlose Stadt ist allerdings recht gut mit Bussen angebunden – hauptsächlich nach Aachen, aber auch durch einen Bus der belgischen TEC nach Eupen. Ich hatte überlegt, mit dem ins Hohe Venn zu fahren, aber nachdem sich genug andere Aktivitäten ergaben, beließ ich es bei einem Foto:

TEC-Citaro in Monschau Altstadt

Zurück von Monschau machte ich mich am Sonntag auf den Weg mit dem SB 66 nach Aachen. Der macht auf dem Großteil der Strecke seiner Bezeichnung tatsächlich alle Ehre, nur die Fahrt durch Kornelimünster mit vielen Halten war etwas nervig. Dafür stand ich schon an der letzten Haltestelle vor Rothe Erde auf, nur um festzustellen, dass es noch mehrere Minuten bis dorthin dauerte. Aber so konnte im gut gefüllten Bus wenigstens jemand anders meinen Sitzplatz belegen. Auch die Weiterfahrt lief wie am Schnürchen: Mit dem RE 1 ging es nach KK. Als ich dort ausstieg, zeigten die Anzeigen einen Notarzteinsatz zwischen KDFF und EDG an. Mit dem Gedanken, dass das ja heiter werden könne, aber auch der leisen Hoffnung, dass ja noch etwas Zeit sei, nutzte ich die Umstiegszeit erst mal zum Essen. Und tatsächlich bewahrheitete sich die Hoffnung: Als ich wieder auf den Bahnsteig kam, stand dort angezeigt, dass die Sperrung wieder aufgehoben war. Mein Anschluss-ICE kam also nicht nur pünktlich, sondern blieb es auch bis HB, wo demzufolge meine Freundin nicht lange auf mich warten musste.

Die Verspätungs-Pandemie ist nicht vorbei

Die pünktlichen Fahrten in der Weihnachtszeit (siehe letzter Beitrag) können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pünktlichkeit insgesamt abgenommen hat. Das sagt nicht nur die offizielle Statistik, sondern auch meine private, für die ich alle zwei Jahre die Blogbeiträge auswerte:

Verspätung (min)FahrtenAnteil 2021/22Anteil 2019/20
<0 11,4 %3,4 %
0–5 4155,4 %63,6 %
5–301824,3 %20,3 %
30–60 68,1 %6,8 %
>60 810,8 %5,9 %
Ausfall00,0 %0,0 %
Meine persönliche Verspätungsstatistik 2021/22

Besonders schwierig war es diesmal zu entscheiden, welche Fahrten ich überhaupt in die Statistik aufnehme. Durch meinen Umzug in den Norden sind die gefahrenen Strecken deutlich kürzer geworden, und der Einfachheit halber nehme ich ja nur Fernverkehrsfahrten in die Statistik auf. Um selbige nicht allzu sehr zu verzerren, habe ich insbesondere die zahlreichen Fahrten zwischen Bremen und Osnabrück weggelassen, auch wenn ich sie meist mit Fernzügen zurückgelegt habe. Diese waren zwar häufig verspätet, oft habe ich aber gerade wegen der Verspätung spontan entschieden, den Zug noch zu nehmen.

Auch ohne diese Fahrten hat sich die Pünktlichkeit leider gegenüber der letzten Statistik deutlich verschlechtert, und 2022 noch mal deutlich gegenüber 2021. „Legendär“ waren die Fahrten von Aschaffenburg nach Bremen, die in dieser Richtung immer mit deutlicher Verspätung endeten (meist über +60), zurück kam ich komischerweise immer pünktlich an. Auf dem Weg in die Hansestadt dürfte sich auch der Negativrekord für 2021 ereignet haben, als der Zug in Nienburg stehen blieb und ich nur mit einem Busnotverkehr über vereiste Straßen weiter kam. Die größte Verspätung 2022 dürfte ich auf dem Weg in eine andere Hansestadt erfahren haben, als ich Lübeck fast drei Stunden später als geplant erreichte.

Nach dem Ende des 9-Euro-Tickets hat sich die Lage wieder etwas entspannt. Mein viermonatiges fast tägliches Pendeln zwischen Osnabrück und Minden, größtenteils mit dem IC, lieferte „nur“ vier Fahrgastrechte-Fälle. Neben einer beschädigten Oberleitung wirkte sich hier vor allem aus, dass die eingesetzten IC-Garnituren nicht mehr die neuesten sind und daher gerne mal unterwegs liegen blieben.

Ich hoffe, dass sich der leicht positive Trend fortsetzt und die nächste Statistik wieder besser aussieht als diese. Der Bahn werde ich jedenfalls weiter treu bleiben, sowohl als Fahrgast als auch als Mitarbeiter: Seit dem 1. Januar bin ich Betriebsplaner bei der S-Bahn Hannover, wo ich daher regelmäßig hinfahre – natürlich mit dem Zug.

Mit „Minden“ nach Paderborn

Anfang April machte ich mal wieder eine kleine Spaßtour: Von einem Termin in Hannover (Anreise ereignislos mit dem direkten IC) machte ich auf der Rückfahrt einen „kleinen“ Schlenker: Nachdem ich bis zur letzten Minute noch Busse auf dem Bahnhofsvorplatz fotografiert hatte, erreichte ich gerade noch rechtzeitig (ich hatte nicht gesehen, dass sie schon am Bahnsteig stand) die S-Bahn nach Paderborn. Was erst während der Fahrt klar wurde: Zum einen fuhr der Zug an diesem Tag wegen Bauarbeiten eine Umleitung über die Güterumgehungsbahn, zum anderen war ich im Zugteil, der in Hameln endete. Ersteres führte wegen eines eingleisigen Abschnitts und eines verspäteten Gegenzuges zu etwa +20, letzteres dazu, dass ich in der Rattenfängerstadt den Zugteil wechseln musste. Während ich mich noch freute, dass im angrenzenden Zugteil so viele Sitzplätze frei wurden (ab HH hatte ich erst mal eine Weile stehen müssen), wurde mir zum Glück mitgeteilt, dass ich noch einen Zugteil weiter musste (von drei Teilen fuhr nur der erste nach EPD). Die Weiterfahrt verlief weiterhin mit Verspätung, aber ohne weitere Komplikationen, und an der Endstation gelang mir noch ein Bild vom 424er für meine Sammlung, bevor Transdev die S-Bahn komplett übernimmt und die Züge nach München entschwinden:

Zug 424 019 „Minden“ in Paderborn Hbf

Weiter ging es ohne Verspätung und weiterhin über Nahverkehrsbahnen: Bis zum Betriebsbahnhof Himmighausen fuhr ich dieselbe Strecke wieder zurück, dort zweigte mein Zug Richtung Herford ab. Kurz vorher gab es noch am Bbf Langeland die massiven Quertragwerke an der Oberleitung zu sehen, die sonst in Deutschland nicht verwendet werden:

Quertragwerke Schweizer Bauart am Bbf Langeland

Von EHFD aus nahm ich dann die RB 61, wie schon mein Zubringerzug ein Wagen der Eurobahn. Dort wurde ich vom Zub mit der Mitteilung überrascht, dass ich in der 1. Klasse saß. Da er aber selber einsah, dass man das kaum erkennen konnte (die Türen mit den Hinweisaufklebern klemmten halboffen fest), verzichtete er auf eine Nacherhebung oder die Pflicht zum Umsetzen. So erreichte ich nach über vier Stunden langer, aber trotzdem recht günstiger Fahrt wieder die Hasestadt.