Neues Kooperationsangebot DB/SNCF Paris–Stuttgart/Frankfurt

Beim zweiten Teil des Vortrags wurde es dann endgültig international: Herr Ried von der Entwicklungsgesellschaft Rhealys stellte das neue ICE-/TGV-Angebot zwischen Frankfurt/Stuttgart und Paris und dessen Entwicklung vor. Interessant war dabei vor allem die Zusammenführung der völlig unterschiedlichen Betriebskonzepte und Unternehmensphilosophien von DB und SNCF. Hier gab es unzählige Beispiele, wie wegen scheinbar kleiner Details beim jeweils anderen Partner Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. So sind z.B. Namensschilder bei Zugbegleitern bei der SNCF, die bisher nur die Dienstnummern ihrer Mitarbeiter kenntlich machen, ein Novum. Ebenso gab es im TGV – der sowieso reservierungspflichtig ist – bisher keine Halter für Reservierungszettel.

All diese kleinen und großen Probleme sind aber inzwischen gelöst und haben – wenn man dem Vortrag glauben darf – eine wahre Quadratur des Kreises bewirkt. Obwohl Züge beider Bahnen abwechselnd fahren (der TGV immer nach Stuttgart und der ICE immer nach Frankfurt), werden die Fahrkarten auf dem gesamten Streckenabschnitt wechselseitig anerkannt. Das gilt auch für nationale Sparangebote wie die BahnCard und die Carte 12-25. Die Reservierungspflicht – die sowieso für innerdeutsche Streckenabschnitte nicht gilt – soll durch kulante Handhabung der Umbuchungen abgemildert werden.
Auch der Service soll in allen Zügen der gleiche sein – angefangen bei den schon erwähnten Namensschildern bis hin zum kostenlosen Essen und den Tageszeitungen in der 1. Klasse. Und natürlich spricht das gesamte Personal sowohl deutsch als auch französisch.

Auch betrieblich war es nicht einfach, die beiden Bahnen unter einen Hut zu bringen. Während bei der SNCF immer noch der betriebsoptimale Fahrplan im Vordergrund steht, ist bei der DB der symmetrische Fahrplan Quasi-Standard. Außerdem mussten außerhalb der NBS natürlich die parallel fahrenden Güter- und Regionalzüge berücksichtigt werden, was ein Grund dafür ist, dass im Vorlaufbetrieb (Juni bis Dezember 2007) zwei der drei ICE aus Paris bereits in Saarbrücken statt in Frankfurt enden. Ab Dezember wird es aber auf der gesamten Strecke einen weitgehend symmetrischen und vertakteten Fahrplan mit durchgehenden Zügen geben.

Der Grund für die Verteilung „Nordast: ICE“ und „Südast: TGV“ ist übrigens recht trivial: TGV und ICE sind zwar im jeweils anderen Land zugelassen, aber nur als Einfachtraktion. Es wäre mit dem ICE also nicht möglich, Straßburg mit Doppeltraktionen anzufahren, was die hohe Nachfrage aber erforderlich macht. Deshalb fährt hier der TGV, dessen zweite Einheit in Straßburg abgekuppelt wird und dort endet oder in die Schweiz weiter fährt.

Auch nach diesem Vortrag wurde noch eine Weile „öffentlich“ diskutiert, bis die Diskussion dann in einen „kleinen Kreis“ verlegt wurde. Ich habe mich dann auf den Weg zum Bahnhof gemacht – nur um dem RE nach Aschaffenburg hinterherzuwinken und unfreiwillig eine Stunde am Frankfurter Hbf zu verbringen …

Kurz- und langfristige Entwicklung im Angebot der DB Fernverkehr

Diesen Titel trug der erste Teil eines Vortrags der DB für das Junge Forum der DVWG (Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft), den ich mir am Donnerstag – obwohl kein DVWG-Mitglied – in der DB-Zentrale in Frankfurt angehört habe. Im Einzelnen ging es um die Entwicklung des DB-Fernverkehrs bis 2020. Allzu viel Neues habe ich dabei nicht erfahren, denn es ging vorwiegend um Neu- und Ausbaustrecken, deren Bau schon ebenso lange geplant wie umstritten ist – Beispiele sind Stuttgart 21 oder die NBS Rhein-Main–Rhein-Neckar. Letztere wird allgemein als wichtiger Lückenschluss zwischen den NBS Köln–Rhein-Main und Mannheim–Stuttgart gesehen, weswegen hier nach der Fertigstellung auch eine enorme Zunahme der Nachfrage angenommen wird.

Aber auch auf die kurzfristigen Planungen zum Fahrplan 2007/08 ging die Referentin Frau Warnecke ein, wie z.B. auf den ICE-T-Einsatz nach Österreich. Das Einzige, was hier für mich neu (und überraschend) war, ist der geplante Einsatz von ICE-TD-Zügen über die Vogelfluglinie. Dank des billigen dänischen Diesels sollen die eigentlich von der DB extrem ungeliebten Züge ab dem nächsten Jahr hier eine Renaissance erleben.

Die Diskussion nach dem Vortrag war ein herrliches Beispiel für die Verwobenheit von Verkehrs- und Regional- bzw. Lokalpolitik. Offensichtlich waren einige (ehemalige) Funktionsträger – mehr oder weniger privat – anwesend, die gleich die Frage aufbrachten, ob der Frankfurter Hbf denn in den Planungen abgehängt werde? Die klare – und logische – Antwort der DB: Wenn, wie von der Stadt Frankfurt wohl zu Recht angegeben, tatsächlich ein deutliches Fahrgastpotenzial am Hbf vorhanden ist, dann kann es sich die DB auch nicht leisten, dort vorbeizufahren. Dies schließt natürlich nicht aus, dass Züge, die durch wachsende Nachfrage zukünftig neu eingeführt werden, den Hbf aus Gründen des Betriebsablaufs und des Marketings nicht anfahren (ebenso übrigens auch die Argumentation für Mannheim). Der Alternativvorschlag der Stadt, statt des Hbfs den Ostbahnhof anzufahren, ist für die DB erst interessant, wenn dort auch durch mehr Bebauung oder bessere ÖPNV-Anbindung ein Fahrgastpotenzial entsteht – auf „blauen Dunst“ wird DB Fernverkehr als eigenwirtschaftliches Unternehmen den Ostbahnhof sicher nicht anfahren. Interessanterweise trat die für mich – und einige andere Teilnehmer – naheliegende Lösung, mehr Züge über den Südbahnhof zu leiten, bei der Diskussion völlig in den Hintergrund. Diese musste aber sowieso stark verkürzt werden, um noch Zeit für den zweiten Teil des Vortrags zu haben.