Budapestre és vissza

Nach Budapest und zurück – so lautete am Wochenende die Devise für mich. Da im Nachtzug schon Mitte Januar keine günstigen Tickets mehr zu haben waren, fuhr ich beide Strecken mit dem ÖBB-Railjet, der mehrmals täglich zwischen München und der ungarischen Hauptstadt pendelt. Dafür war noch ein recht günstiges Europa-Spezial Ungarn verfügbar – für beide Strecken zusammen 58,50 Euro mit BahnCard, zuzüglich Reservierungsgebühren.
Los ging es am Freitag um 10.24 Uhr mit dem ICE von NAH nach München. Auf meinem reservierten Platz saß bereits eine Dame, die ich nicht vertreiben wollte, zumal es sich mehr um einen Wand- als um einen Fensterplatz handelte. Also setzte ich mich daneben an den Gang, bis dann in Nürnberg ein Fensterplatz frei wurde. Der Zug war pünktlich – bis er wegen einer Stellwerksstörung keine Einfahrt nach MH bekam und so seine Endstation mit ca. +10 erreichte. Mein Anschluss war dadurch zwar nicht gefährdet, aber zu essen konnte ich mir angesichts der Schlangen zur Mittagszeit nichts mehr kaufen und enterte direkt den Railjet.
Dort blamierte ich mich, indem ich einen jungen Ungarn von seinem Platz vertrieb. Er wandte in sehr gutem Deutsch ein, dass auf der Reservierungsanzeige nichts stehe – was völlig korrekt war, da ich nicht wie im anderen Zug in Wagen 24, sondern in Wagen 21 reserviert hatte. Die Lauferei am halben Zug entlang hätte ich mir also sparen können, mein Wagen war vom Querbahnsteig aus der erste direkt hinter der Lok. Nicht weit von meinem Platz befand sich übrigens eine Treppe, die ins Nichts führte und sich später als Sitzreihen für das Kinderkino entpuppte.
Nach der Abfahrt genoss ich erst einmal den Kaiserschmarrn aus dem Speisewagen – zugegeben, nach ein wenig mehr hätte er schmecken können. In jedem Wagen des Railjets gibt es Monitore, die ständig zwischen den Ansichten Fahrplan, Anschlüsse am nächsten Halt, Kartenansicht und Vorstellung der verschiedenen Wagenklassen wechselten – natürlich alles in Echtzeit und GPS-gesteuert. Kurz vor Salzburg schlief ich ein und wachte erst in Linz wieder auf. Im Wiener Westbahnhof bekamen wir interessanterweise eine neue Lok: von einem Taurus in Railjet-Lackierung wurde auf einen im normalen ÖBB-Rot gewechselt. Das ungarische Stromsystem müssten beide verarbeiten können, vielleicht war der Grund für den Tausch ein Schaden an der Lok. Der nächste Halt war Wien-Meidling, der Ersatz für den Südbahnhof, an dessen Stelle sich zurzeit die gigantische Baustelle für den neuen Wiener Hauptbahnhof befindet. Durch für Österreich ungewöhnlich flaches Land mit sehr vielen Windrädern ging es weiter, bis urplötzlich das Bahnhofsschild „Hegyeshalom“ auftauchte – ganz unmerklich hatten wir die Grenze zu meinem 24. Land überschritten. Die MÁV-Schaffnerin knipste meine Fahrkarte nicht ab, sondern schrieb einfach mit rotem Stift Zugnummer und Datum darauf – hätte ich im Prinzip auch machen können. Auffällig war auch das häufige Abbremsen und Beschleunigen des Zuges auf der ungarischen Seite, wo es offensichtlich viele Langsamfahrstellen gibt. Budapest erreichte ich nach fast zehneinhalb Stunden Fahrt trotzdem fast pünktlich. Interessant ist, dass Züge aus Richtung Westen nicht etwa in den Westbahnhof (Nyugati PU.) oder den viel näher liegenden Südbahnhof (Déli pu.) einfahren, sondern ausgerechnet in den Ostbahnhof (Keleti pu.), wozu eine Fahrt um die halbe Stadt erforderlich ist.
In Budapest erkundete ich mit einigen Vereinskollegen vom → CdE die Stadt und lernte dabei auch den örtlichen ÖPNV kennen, darunter natürlich auch die älteste U-Bahn auf dem europäischen Kontinent, die Földalatti vasút, die heute als M1 läuft. Die Linien M2 und M3 sind in den 1970er-Jahren dazu gekommen und ähneln sehr ihren Verwandten in anderen osteuropäischen Städten, wie z.B. Prag. Die Fotos von den Zügen der M1 und M2 versuchte ich, um Ärger mit den Fahrern zu vermeiden, ohne Blitz zu machen. Wie man sieht, hat das Fotografieren von einfahrenden Zügen unter diesen Umständen so seine Tücken, obwohl ich mir dafür extra eine lichtstärkere Kamera auslieh. Aus Zeitgründen leider ausfallen musste übrigens die Tour in die Budaer Berge, wo es eine Zahnradbahn, eine Kindereisenbahn und einen Sessellift gibt.
Die Rückfahrt trat ich dann am Montag um 11.10 Uhr an. Witzigerweise hatte ich denselben Platz wie auf der Hinfahrt reserviert, anscheinend scheint das Buchungssystem das, wenn möglich, öfter so zu machen. Letztendlich saß ich aber doch woanders, da ein anderer Teilnehmer des Treffens mit demselben Zug zurück fuhr. Natürlich kontrollierten auch diesmal die Zub aller drei beteiligten Bahnen mein Online-Ticket – der Vertreter der ÖBB interessanterweise mit einem ähnlichen Lesegerät, wie es auch die DB-Schaffner benutzen, in das er allerdings nicht meine BahnCard einlesen konnte. Gleich hinter der deutschen Grenze wurden wir übrigens für eine Verkehrserhebung der DB befragt. Der Interviewer wollte unter anderem wissen, wie ich nach Budapest gefahren wäre, wenn das Europa-Spezial nicht mehr verfügbar gewesen wäre (keine Ahnung) und ob ich das Audioprogramm in den Zügen nutze (manchmal). Anscheinend will man wissen, auf wie viel Widerstand eine Abschaffung desselben stoßen würde.
München Hbf erreichten wir wiederum pünktlich, so dass es diesmal auch mit dem Essenholen klappte (Spicy Döner). Der Wagen, in dem ich reserviert hatte, entpuppte sich als Ruheraum. Die Unterhaltung mit meinem Reisegefährten, der denselben Anschlusszug hatte, musste also etwas gedämpft vonstatten gehen, was aber auch funktionierte. Pünktlich um 21.34 Uhr erreichten wir – angesagt von einer Stimme, die glatt von Dieter Thomas Heck hätte stammen können – NAH, wo er sitzenblieb und ich ausstieg und die Erinnerungen an diese sehr schöne Reise ordnete.

ICE im Eurotunnel (2)

Seit meinem letzten Beitrag zum Thema „ICE im Eurotunnel“ hat sich ja in dieser Hinsicht einiges getan: Am 19. Oktober ist der erste ICE nach der Fahrt durch den Tunnel im Londoner Bahnhof St. Pancras eingetroffen, nachdem er bereits am Wochenende zuvor eine Evakuierungsübung im Tunnel erfolgreich bestanden hatte. Nun sollen die Sicherheitsbestimmungen geändert werden, so dass der ICE ab Dezember 2013 planmäßig durch den Tunnel fahren kann. Außerdem hat sogar Eurostar selbst zehn ICE-ähnliche Züge (Velaro E320) von Siemens bestellt. In meinem letzten Beitrag habe ich zwar die bestehenden Sicherheitsbestimmungen verteidigt, aber dabei ging es mir weniger um die Bestimmungen an sich als um die gesamte Sicherheit für die Fahrgäste. Und wenn die gewährleistet bleibt: Warum sollten dann keine ICE durch den Eurotunnel fahren? Und davon haben andere sicherlich mehr Ahnung als ich. Man darf also gespannt sein, wie es mit den Verkehren durch den Eurotunnel weiter geht.

ICE im Eurotunnel?

In der Ausgabe des „Spiegel“ von letzter Woche findet sich ein Interview mit dem DB-Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube, in dem er auch über die Hindernisse spricht, mit ICE-Zügen durch den Eurotunnel zu fahren.

Grube: Wir kommen aber mit unserem ICE nicht in den Eurotunnel, weil die Betreiber aus Frankreich und England die Strecke mit dem TGV blockieren. […]
SPIEGEL: Paris kann Sie doch nicht fernhalten …
Grube: … aber die Zugangsvoraussetzungen so absurd gestalten, dass eben nur die französischen Züge sie erfüllen. Es heißt zum Beispiel, die Züge müssten 400 Meter lang sein.
SPIEGEL: Hängen Sie doch einfach zwei ICE aneinander!
Grube: Dann heißt es aber: Geht nicht, die Passagiere müssten durch die volle Länge des Zuges laufen können. Absurd!

Die erwähnten Sicherheitsbestimmungen sind allerdings nicht neuen Datums, sondern stammen aus dem Vertrag von Canterbury, mit dem 1986 der Bau des Tunnels zwischen Großbritannien und Frankreich besiegelt wurde. Unter anderem ist dort auch festgelegt, dass die Züge mindestens 375 Meter lang und durchgängig begehbar sein müssen, weil dies der Abstand der Notausgänge in der Tunnelröhre ist. Außerdem müssen die Züge in zwei völlig autarke Einheiten getrennt werden können, damit bei Ausfall eines Triebkopfes im Tunnel die betroffene Hälfte evakuiert werden kann und die Passagiere mit dem anderen Triebkopf aus dem Tunnel befördert werden können. Dazu kommt, dass im Zug nur Passagiere sitzen dürfen, die eine Sicherheitskontrolle wie am Flughafen mit Metalldetektor und Gepäckdurchleuchtung durchlaufen haben.

Nun erfüllt auch der von Herrn Grube erwähnte TGV diese Sicherheitsbestimmungen zunächst einmal nicht: der längste konventionelle TGV ist 238 Meter lang und kann auch nicht in zwei Einheiten geteilt werden, da sich jeweils zwei Wagen ein Drehgestell teilen (Talgo-Prinzip). Außerdem war der Tunnel zum Eröffnungszeitpunkt auf britischer Seite nur an konventionelle Strecken angebunden, die ein gewöhnlicher TGV ebenfalls nicht befahren konnte (kleineres Lichtraumprofil und Stromzufuhr per Stromschiene). Und für die Sicherheitskontrollen braucht man abgetrennte Bereiche in den Bahnhöfen, die standardmäßig auch nicht vorhanden sind.

Also musste in Gemeinschaftsarbeit von Briten, Franzosen und Belgiern ein neuer Hochgeschwindigkeitszug entwickelt werden, der in allen drei Ländern und durch den Tunnel fahren konnte: der Eurostar. Dieser ist zwar vom TGV abgeleitet, die Unterschiede haben aber trotzdem enorme Entwicklungskosten verursacht, auf die man vermutlich lieber verzichtet hätte – zumal auch zwei Zugtypen entworfen wurden, die nie zu ihrem geplanten Einsatz kamen: die „Nightstar“ genannten Nachtzüge und die „North of London“-Züge, die über London hinaus fahren sollten.

Langer Rede kurzer Sinn: Bei der Verabschiedung der Sicherheitsbestimmungen dachte man vermutlich eher an Unfälle und Terroranschläge als daran, die damalige Deutsche Bundesbahn vom Verkehr im Tunnel fernzuhalten. Da das Risiko für beides nicht gerade gesunken ist, dürfte das heute nicht anders sein. Mir persönlich macht jedenfalls der nötige Umstieg in Brüssel wenig aus, zumal mit dem London-Spezial auch schon ein durchgehender Fahrschein existiert. Schön wäre es, wenn es so etwas auch für die Kombination Thalys-Eurostar oder für Fahrten über Paris gäbe. Vielleicht wäre das ein realistisches Ziel für die DB, die ja immerhin zu 10% am Thalys beteiligt ist? Von der Möglichkeit, einen durchgehenden Fahrschein über London hinaus zu lösen, will ich gar nicht reden.

La storia infinita

Auch im neuen Jahr will ich fleißig mit dem Zug verreisen: zum Beispiel in der Osterwoche aus der Toskana zurück nach Aschaffenburg (hin fahre ich mit meinen Eltern und meiner Tante im Auto). Dadurch öffnete sich ein weiteres Kapitel der unendlichen Geschichte „internationaler Fahrkartenkauf“: Die DB verkauft ja das „Europa-Spezial Italien“, das allerdings nur dann gilt, wenn innerhalb Italiens nicht umgestiegen wird. Ohne Umsteigen kommt man aber nicht von hinter Florenz bis zur österreichischen Grenze, so dass ich den Fahrschein auf bahn.de erst ab Bologna kaufen konnte.
Für die restliche Strecke verwies man dort auf einen „unbekannten Auslandstarif“, und auch der Computer im Reisezentrum streckte die Waffen. Nun lag es nahe, bei trenitalia.it zu buchen – dort gibt es folgende Möglichkeiten, den Fahrschein zu bekommen: Online-Ticket (nur für Fernzüge), Abholung am Automaten (nur an größeren Bahnhöfen) und Postversand (nur in Italien). Da mein Einstiegsbahnhof ein kleinerer ist und ich in Italien niemanden kenne, blieb mir nichts anderes übrig, als nur ein Online-Ticket für den Fernzugabschnitt Florenz–Bologna zu buchen. Aber auch das scheiterte – nach erfolgreicher Anmeldung – daran, dass meine Kreditkarte aus unbekannten Gründen nicht akzeptiert wurde.
Ich war schon fast davon überzeugt, die Fahrkarte erst am Reisetag kaufen zu können (mit dem Risiko, dass der „Frecciargento“ dann ausgebucht ist), probierte als letzte Idee aber noch die Buchung auf SNCF.fr. Von dort wurde ich auf das wohlbekannte TGV-europe.com weitergeleitet, das mir tatsächlich eine Fahrkarte für diesen Abschnitt verkaufen konnte – sogar zum ermäßigten, aber dafür nicht frei umtauschbaren Preis. Nun fehlt nur noch der Nahverkehrsabschnitt bis Florenz, aber hier sollte es kein Problem sein, die Karte am Reisetag am Automaten zu kaufen. Etwas weniger umständlich hatte ich es mir zwar schon vorgestellt, aber: Eine von Deutschland aus gekaufte französische Fahrkarte für einen italienischen Zug – wenn das mal kein Zeichen für die europäische Einigung ist!

Typisch deutsch – typisch belgisch?

Am Samstag war es soweit: ich ging auf die lange geplante Fahrt nach Brügge. Bis Köln ist nichts Bloggenswertes passiert, interessant wurde es erst, als von dort der Thalys endlich losfuhr (nachdem das Einsteigen aller Fahrgäste immerhin etwa zehn Minuten gedauert hatte).
Gleich nach der Abfahrt kam die viersprachige Durchsage, dass man seinen Fahrschein doch bitte immer im Zug mit sich tragen sollte. Diese Regelung mag für Fahrgäste un- und für die Bahngesellschaft praktisch sein (und ich muss gestehen, dass ich mich selten daran halte). Ein Fahrgast neben mir kommentierte es jedoch mit „Typisch deutsch“ – für einen Zug, der zu 62% in französischer und zu 28% in belgischer Hand ist, eine bemerkenswerte Äußerung.

Auf der Strecke Köln–Brüssel hatte sich seit meiner letzten Fahrt im Jahr 2001 eine Menge geändert: Der neue Aachener Buschtunnel ist fertig und die Bahnhöfe Lüttich-Guillemins und Löwen sind komplett neu gebaut, vor allem aber ist die NBS/ABS Lüttich–Brüssel inzwischen in Betrieb. Bis Löwen verläuft sie komplett auf eigener Trasse, dahinter ist die vorhandene Strecke viergleisig ausgebaut, wobei der Fernverkehr interessanterweise auf den inneren Gleisen fährt.

In Brüssel angekommen, bekam ich dann den Beweis dafür, dass auch Verspätungen mit schlechter Informationspolitik nicht „typisch deutsch“ sind: Der Zug nach Ostende war mit +15 angekündigt. Nach insgesamt einer halben Stunde Warten und Ansagen auf französisch und flämisch mit französischem Akzent, die ich leider kaum verstanden habe, kam schließlich ein Zug nach Knokke, der auch über Brügge fuhr. Mein „eigentlicher“ Zug hatte, wie ich dann an der Bahnsteiganzeige in Gent sehen konnte, inzwischen 42 min Verspätung.

Am nächsten Tag war ich dann schon wieder in Brüssel, diesmal als Ausflug von Brügge aus. Auf dem Weg zum Atomium wollte ich eine U-Bahn fotografieren und wurde sofort von einem Sicherheitsmann angesprochen und darauf hingewiesen, dass das nur mit Genehmigung erlaubt sei. Die Begründung war nicht etwa, dass der Blitz den Fahrer irritieren könnte (das hätte ich noch eingesehen), sondern, dass es sich schließlich um Privatgelände handele. Belgische Verkehrsbetriebe scheinen aber sowieso etwas eigen zu sein, denn bis auf die wallonische TEC haben alle eine Klausel, dass Links auf ihre Seiten nur nach Genehmigung erlaubt sind. Ob das eine gute Werbung und rechtlich haltbar ist, sei dahingestellt, jedenfalls gibt es so eben von meiner Website aus keinen Link.

Die weitere Reise konnte ich dann aber ohne Komplikationen genießen. Auf der Rückfahrt aus Brügge fiel mir auf, dass die alte Strecke Lüttich–Aachen, die Thalys und ICE benutzen, an zwei Stellen die Neubaustrecke kreuzt und letztere schon komplett ausgestattet aussah. Nach meinen Recherchen ist das kein Wunder: die Strecke ist seit Dezember 2007 fertig und wird nur deswegen nicht benutzt, weil weder ICE noch Thalys das erforderliche ETCS haben.

Das meiste ist also absolut glatt gegangen, aber es gibt vieles, was im europäischen Eisenbahnbau und -betrieb noch im Argen liegt. Nur merkt man bei einer Fahrt über die Grenze ziemlich schnell, dass davon herzlich wenig „typisch deutsch“ oder „typisch belgisch“ ist …

Swissmetro oder: Ist ein europäisches Magnetbahnsystem sinnvoll?

Vor Jahren hat mir meine Tante ein Werbeplakat des Goethe-Instituts geschenkt, auf dem ganz Europa wie ein U-Bahn-Netz dargestellt war. Daraufhin habe ich natürlich ein bisschen gesponnen, ob man so ein Netz nicht tatsächlich aufbauen könnte – mein „Arbeitstitel“: Eurometro. Unter anderem überlegte ich mir, dass man ja den Energieverbrauch senken könnte, indem man durch ein Vakuum in den Röhren den Luftwiderstand vermindert.
Erstaunt war ich, als ich einige Zeit später las, dass unter dem Namen „Swissmetro“ so ein Projekt tatsächlich geplant ist, allerdings (wie der Name schon sagt) nur für die Schweiz und als Magnetschwebebahn. Auch das Teilvakuum in den Tunnelröhren kam in den Projektstudien vor.

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Internationales Verkehrswesen“ der DVWG taucht das Projekt nun wieder auf. Prof. Ulrich Weidmann von der ETH Zürich hat untersucht, ob ein Swissmetro-Netz – nun, wie auf dem Plakat, für ganz Europa – wirtschaftlich zu betreiben wäre. Da es in Westeuropa bereits ein funktionierendes Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz gibt, verläuft sein hypothetisches Netz nur in Osteuropa, was natürlich auch aufgrund der größeren Entfernungen Sinn ergibt. Mit verschiedenen Analyseverfahren berechnet Weidmann anschließend, welche Nachfrage im Netz durch Zug- und Flugzeugpassagiere sowie völlig neue Fahrgäste entstehen würde.

Das Ergebnis ist interessant: Die höchste Nachfrage ist auf den Teilstrecken Hamburg–Berlin–Prag (möglicherweise ist die ABS Hamburg–Berlin noch nicht berücksichtigt) und Prag–München zu erwarten. Weiter Richtung Osten (das Netz soll bis Moskau, Helsinki und Istanbul reichen) ist sie deutlich geringer. Aber selbst auf den am stärksten belasteten Abschnitten reicht die Nachfrage nicht aus, um das System wirtschaftlich zu betreiben. Weidmann schließt denn auch mit dem Fazit, dass ein realistischer Markt für ein Magnetbahnnetz in Europa nur zwischen der Wiederaufbauphase nach dem Krieg und dem Beginn des Aufbaus des HGV-Netzes bestanden hat, also etwa in den 60er/70er-Jahren. Damit bestätigt der Artikel die These, dass der Transrapid zwar eine technisch beeindruckende Erfindung ist, aber in Europa kaum verkehrspolitisch sinnvoll eingesetzt werden kann.

Brügge-Weg*

Inzwischen kenne ich mich mit dem Online-Verkaufssystem der DB ja ganz gut aus. Manchmal finde ich es zwar etwas knifflig, einen günstigen Fahrschein zu bekommen, aber insgesamt ist das System einigermaßen einfach zu bedienen. Leider gilt das nur für Inlandsreisen, wie sich am Donnerstag Abend mal wieder gezeigt hat: Ich wollte für die Karwoche eine Fahrkarte nach Brügge und zurück kaufen. Über den Tag verteilt gibt es verschiedene Verbindungen: Mit dem ICE bis Köln, von dort mit ICE oder Thalys nach Brüssel und von da weiter nach Brügge. Die Rückfahrt funktioniert entsprechend genau so.

Der Haken an der Sache: ICE und Thalys haben zwei völlig verschiedene Preissysteme. Mit dem ICE kann man eine durchgehende Fahrkarte bis Brügge kaufen, für die dann auch der Sparpreis Belgien der DB gilt – zu den üblichen Konditionen: Vorausbuchung, Zugbindung und begrenztes Kontingent. Und natürlich müssen Hin- und Rückfahrt gleichzeitig gebucht werden und beide im ICE stattfinden.
Der Thalys dagegen hat ein Globalpreissystem, dessen Fahrkarten nicht online bei der DB erhältlich sind. Außer einem DB-Fahrschein bis Köln muss man also auf thalys.com einen Fahrschein bis Brüssel kaufen. Gegen einen geringen Aufpreis ist darin dann die Fahrt zu jedem belgischen Bahnhof inbegriffen (dafür muss man das Ziel „Brüssel TGB“ [toute gare belge] auswählen). Auch der Thalys hat verschiedene Sparangebote, bei denen Hin- und Rückfahrt gemeinsam gebucht werden müssen – natürlich beide im Thalys.

Nach einigem Probieren stelle ich fest, dass es für die Rückfahrt keine passende ICE-Verbindung gibt, für die noch ein Sparpreis zu haben ist. Wegen des Tarifsystems würde ich draufzahlen, wenn ich hin ICE und zurück Thalys fahre, also fahre ich beide Strecken mit dem Thalys. Das heißt: Zwei Browserfenster aufmachen, in dem einen nach einem günstigen Platz im Thalys für die Hin- und Rückfahrt suchen, in dem anderen nach einem Sparpreis nach und ab Köln. Auch hier kann ich nicht in der idealen Zeitlage fahren, und auch der Aufenthalt in Köln wird etwas länger als eigentlich nötig. Zu allem Überfluss war auch noch der Verkaufsserver von bahn.de überlastet und gab unter anderem einmal direkt nach dem Klick auf „Buchung durchführen“ keine Antwort mehr.
Aber letztendlich habe ich es geschafft und eine Reise zum Gesamtpreis von 93,20 Euro für Hin- und Rückfahrt gebucht. An eine dritte Möglichkeit – DB bis Aachen, Euregio-Ticket bis Lüttich und von dort mit den günstigen belgischen Fahrscheinen bis Brügge – hatte ich dabei noch gar nicht gedacht.

Es ist schade, dass Fahrscheinkäufe im Zeitalter des Internets und der europäischen Einigung noch so kompliziert sein müssen. Die DB weist gerne darauf hin, dass Thalys eine eigenständige Gesellschaft ist. Deren Anteile werden allerdings ausschließlich von den nationalen Bahnen Frankreichs, Belgiens und Deutschlands gehalten … Eine Flugsuchmaschine hätte mir den günstigsten Flug heraus gesucht, egal, wo ich umgestiegen wäre und welche Fluggesellschaft dahinter steckt. Ein gutes Vorbild auf der Schiene ist hier die Strecke Frankfurt/Stuttgart–Paris: hier gelten auf der gesamten Strecke die nationalen Angebote beider Bahnen. Hier hat sich schon eine Menge verbessert, aber das Beispiel Belgien zeigt auch, wie viel es noch zu tun gibt.

* Der Brüggeweg ist übrigens eine Straße ganz in der Nähe meines Elternhauses.

Immer diese Abk.

ETCS (European Train Control System) heißt das System, das die Zugsicherung in Europa in den nächsten Jahren vereinheitlichen soll. Dass man sich da mit den Buchstaben mal vertut und ECTS draus macht, kann passieren – und ist dann besonders witzig. Denn ECTS ist das European Credit Transfer System, das auch etwas europaweit vereinheitlichen soll, nämlich die Bewertungen an Unis. Auch die Deutsche Verkehrszeitung hat mal auf diesen lustigen Verdreher aufmerksam gemacht, der ihr selber passiert war. Was sie nicht davon abgehalten hat, ihn in der heutigen Ausgabe wieder zu machen 😉 .

ICE, TGV und die Medien

Zum Start der Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris–Frankfurt/Stuttgart am Sonntag waren natürlich auch die Zeitungen und Zeitschriften voll mit Artikeln zum Thema. Viele, wie z.B. der „Spiegel“ der aktuellen und die „Zeit“ der letzten Woche, widmeten sich in dem Zusammenhang auch den dahinterstehenden verkehrspolitischen Fragen. Der Tenor – vor allem im „Spiegel“ – war dabei, dass der Bau von Hochgeschwindigkeitsstrecken in Deutschland unnötig von der Politik behindert wird, während in Frankreich hier geradezu paradiesische Zustände herrschen.
An dieser Aussage ist etwas Wahres dran, denn sicherlich dauert der Bau einer durchschnittlichen ICE-Strecke länger als der einer für den TGV. Und auch die ICE-Halte in den Orten Montabaur und Limburg, die voneinander gerade mal 22 km entfernt liegen und zusammen keine 50.000 Einwohner haben, sind eher kurios.

Trotzdem fand ich die Argumentation in den Artikeln etwas einseitig. Das fängt bei der Geografie an: Hinter jedem Bürgermeister, der einen ICE-Halt für seine Stadt fordert, steckt ein gewisses Fahrgastpotenzial – nicht zuletzt durch Umsteiger im ITF-System, das in Frankreich weitgehend unbekannt ist. Und dafür, dass Deutschland dichter und polyzentrischer besiedelt ist als Frankreich, können weder die DB noch die Bundes- und Landesregierungen etwas. Auch in Frankreich gibt es außerdem TGV-Bahnhöfe „weit ab vom Schuss“ (etwa Haute Picardie und Meuse), die vor allem aus politischen Gründen gebaut wurden (wenn auch mit einem etwas anderen Betriebskonzept). Im „Spiegel“-Artikel ist davon interessanterweise nicht die Rede.

Zweitens sind Neubaustrecken sicher eine feine Sache, aber nicht immer das Nonplusultra. So mokieren sich beide Artikel darüber, dass zwischen Frankfurt und Mannheim „nur“ Tempo 200 gefahren wird und fordern allein deswegen den Bau der NBS Rhein-Main–Rhein-Neckar. Auch das geht ein wenig an der Realität vorbei, denn viel nötiger ist die NBS wegen der derzeitigen Kapazitätsprobleme auf der Riedbahn, während der Fahrzeitgewinn zwischen FF und RM bei einer Erhöhung der Geschwindigkeit von 200 auf 300 km/h nur minimal wäre.
Außerdem spielt bei der Überlegung zum Bau weiterer NBS natürlich wiederum das Fahrgastpotenzial eine Rolle. So kann es im Einzelfall mehr Fahrgästen nutzen, eine (evtl. ausgebaute) Altstrecke zu befahren, als eine teure NBS zu bauen. Diese Möglichkeit ist schließlich auch ein großer Vorteil von herkömmlichen Hochgeschwindigkeitszügen gegenüber dem Transrapid – auch wenn man in den Artikeln dann gerne mitleidig von „Ferkeltaxen“ berichtet, die dem Superzug begegnen (wo gibt es zwischen Frankfurt und Saarbrücken eigentlich 772er?). Ganz zu schweigen davon, dass das auch in Frankreich nicht anders ist, wenn man nicht gerade von Lille nach Marseille fährt.

Und auch die Aussage des „Spiegels“, dass in Frankreich die Autobahn parallel zum TGV nicht ausgebaut wird, wundert mich ein wenig. Zwar kenne ich mich in der Verkehrspolitik unseres Nachbarlandes nicht sehr gut aus, aber ich weiß, dass dort in den letzten Jahren Hunderte von Autobahnkilometern gebaut wurden – darunter eine komplett unabhängige zweite Verbindung Paris–Lyon, also parallel zur ersten TGV-Strecke überhaupt.

Insgesamt werden in der HGV-Politik immer manche Entscheidungen sinnvoller erscheinen und andere weniger. Dabei gibt es allerdings zwischen beiden (und auch anderen) Ländern wesentlich mehr Parallelen, als man bei der Lektüre der Artikel glauben würde. Eins ist aber auf jeden Fall richtig: Der Hochgeschwindigkeitsverkehr wird ein spannendes Thema mit kontroversen Diskussionen bleiben.

Neues Kooperationsangebot DB/SNCF Paris–Stuttgart/Frankfurt

Beim zweiten Teil des Vortrags wurde es dann endgültig international: Herr Ried von der Entwicklungsgesellschaft Rhealys stellte das neue ICE-/TGV-Angebot zwischen Frankfurt/Stuttgart und Paris und dessen Entwicklung vor. Interessant war dabei vor allem die Zusammenführung der völlig unterschiedlichen Betriebskonzepte und Unternehmensphilosophien von DB und SNCF. Hier gab es unzählige Beispiele, wie wegen scheinbar kleiner Details beim jeweils anderen Partner Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. So sind z.B. Namensschilder bei Zugbegleitern bei der SNCF, die bisher nur die Dienstnummern ihrer Mitarbeiter kenntlich machen, ein Novum. Ebenso gab es im TGV – der sowieso reservierungspflichtig ist – bisher keine Halter für Reservierungszettel.

All diese kleinen und großen Probleme sind aber inzwischen gelöst und haben – wenn man dem Vortrag glauben darf – eine wahre Quadratur des Kreises bewirkt. Obwohl Züge beider Bahnen abwechselnd fahren (der TGV immer nach Stuttgart und der ICE immer nach Frankfurt), werden die Fahrkarten auf dem gesamten Streckenabschnitt wechselseitig anerkannt. Das gilt auch für nationale Sparangebote wie die BahnCard und die Carte 12-25. Die Reservierungspflicht – die sowieso für innerdeutsche Streckenabschnitte nicht gilt – soll durch kulante Handhabung der Umbuchungen abgemildert werden.
Auch der Service soll in allen Zügen der gleiche sein – angefangen bei den schon erwähnten Namensschildern bis hin zum kostenlosen Essen und den Tageszeitungen in der 1. Klasse. Und natürlich spricht das gesamte Personal sowohl deutsch als auch französisch.

Auch betrieblich war es nicht einfach, die beiden Bahnen unter einen Hut zu bringen. Während bei der SNCF immer noch der betriebsoptimale Fahrplan im Vordergrund steht, ist bei der DB der symmetrische Fahrplan Quasi-Standard. Außerdem mussten außerhalb der NBS natürlich die parallel fahrenden Güter- und Regionalzüge berücksichtigt werden, was ein Grund dafür ist, dass im Vorlaufbetrieb (Juni bis Dezember 2007) zwei der drei ICE aus Paris bereits in Saarbrücken statt in Frankfurt enden. Ab Dezember wird es aber auf der gesamten Strecke einen weitgehend symmetrischen und vertakteten Fahrplan mit durchgehenden Zügen geben.

Der Grund für die Verteilung „Nordast: ICE“ und „Südast: TGV“ ist übrigens recht trivial: TGV und ICE sind zwar im jeweils anderen Land zugelassen, aber nur als Einfachtraktion. Es wäre mit dem ICE also nicht möglich, Straßburg mit Doppeltraktionen anzufahren, was die hohe Nachfrage aber erforderlich macht. Deshalb fährt hier der TGV, dessen zweite Einheit in Straßburg abgekuppelt wird und dort endet oder in die Schweiz weiter fährt.

Auch nach diesem Vortrag wurde noch eine Weile „öffentlich“ diskutiert, bis die Diskussion dann in einen „kleinen Kreis“ verlegt wurde. Ich habe mich dann auf den Weg zum Bahnhof gemacht – nur um dem RE nach Aschaffenburg hinterherzuwinken und unfreiwillig eine Stunde am Frankfurter Hbf zu verbringen …