Heimatbesuch mit Hindernissen

Gestern machten wir einen gemütlichen Bummel durch meine alte Kreisstadt Recklinghausen. Hin fuhren wir mit einem der direkten ICE, der auch pünktlich ankam. Zurück gab es leider keinen direkten Zug, also ging es zuerst mit dem RE 2 los, der leider schon mit +15 in ERE ankam. In Nottuln-Appelhülsen überholten wir den kurz vor uns abgefahrenen RE 42. In Westbevern wurden wir seinerseits für einen verspäteten ICE auf die Seite genommen, so dass wir HO mit etwa +30 erreichten. Der Plan, mit dem RE nach HB weiterzufahren, ging also nicht auf. Dank einer BahnBonus-Mitfahrerfreifahrt konnten wir aber recht günstig den fast pünktlichen nächsten ICE nehmen und erreichten unsere Heimat etwa 30 Minuten später als geplant.

Heart of Britain (3)

In der letzten Folge hatte ich von Plymouth aus vier von fünf im Personenverkehr bedienten Nebenstrecken in Cornwall befahren und dabei an meine Familienurlaube als Schüler zurückgedacht. Heute soll es nun von Plymouth zum ersten Mal nach Wales gehen, genauer gesagt nach Swansea. Dort will ich einen Freund und seine kleine Tochter treffen und mit ihnen am nächsten Tag wieder das grüne Herz der Insel erkunden, diesmal auf der Heart of Wales Line. An deren Endstation Shrewsbury will uns dann unsere gemeinsame Freundin abholen.

Die Verbindung recherchiere ich im DB Navigator, der praktischerweise auch die britischen Zugverbindungen kennt, allerdings ohne Echtzeitdaten. Also erfahre ich erst am Bahnsteig, dass mein CrossCountry-Zug leicht verspätet ist. Recht voll ist er auch, aber ich finde noch einen Sitzplatz neben einem Mann, der von der Verspätung leicht genervt ist. Wesentlich größer wird sie aber nicht, und so kann ich die Fahrt an der Sea Wall entlang entspannt genießen, ohne mir Sorgen um meinen Umstieg machen zu müssen. Der findet nicht, wie ich erst dachte, in Bristol Temple Meads, sozusagen dem Hauptbahnhof, statt, sondern in Bristol Parkway. Der Begriff „Parkway“ wird in Großbritannien für außerhalb der Stadt liegende Bahnhöfe benutzt, deutsche Pendants wären wohl Limburg Süd oder vielleicht Kassel-Wilhelmshöhe.

In Bristol Parkway angekommen, wundere ich mich über die Oberleitung im Bahnhof. Nachher recherchiere ich, dass die Great Western Railway bereits seit 2020 elektrifiziert ist. Ich hatte die Elektrifizierung noch als Vorhaben im Kopf, dessen Realisierung unklar war. Noch mal überrascht bin ich, als ich einen der Great-Western-Fernzüge, mit denen ich durch den Südwesten gefahren bin, plötzlich mit Stromabnehmer sehe. Hier ergibt die nachfolgende Recherche, dass es sich tatsächlich um Hybridzüge handelt, die von Great Western lustigerweise als Intercity Express Trains (IET) vermarktet werden. Es gibt dabei zwei Baureihen, 800 und 802, wobei letztere die stärker motorisierte ist.

Class 800 unter Fahrdraht in Bristol Parkway

Mit so einem IET fahre ich dann auch weiter gen Wales. Der Zug ist deutlich leerer als der aus Plymouth, so dass ich meinen Koffer einfach neben mich stelle. Da britische Züge deutlich niedriger sind, passt er nicht in die Gepäckablagen über den Sitzen. Bald nach der Abfahrt passieren wir den Severntunnel, der immerhin schon 1886 eröffnet wurde und mit etwa sieben Kilometern bis 2007 der längste Tunnel Großbritanniens war. Als wir aus dem Tunnel herausfahren, sehe ich zum ersten Mal walisischen Boden. Die Landschaft hier ist etwas rauer als in Südengland, und auch den Orten sieht man an, dass es sich um eine ehemalige Bergbauregion handelt.

In Cardiff/Caerdydd, der Hauptstadt von Wales, endet der Fahrdraht. In der Wikipedia lese ich, dass die Elektrifizierung weiter nach Swansea geplant war, aber nicht mehr weiterverfolgt wird. Also fahren wir mit Diesel weiter in die zweitgrößte Stadt von Wales, die auf Walisisch Abertawe heißt. Empfangen werden wir dort nicht nur von walisischen Ansagen, sondern auch von der Polizei, die gerade zwecks Festnahme jemandem hinterherrennt. Ich esse in einem Café im Bahnhof noch etwas und fahre dann mit dem Bus zum Hotel, wo ich meinen Freund und seine Tochter treffe. Abends gehen wir noch etwas am Strand entlang und zu einer recht guten Fish&Chips-Bude. Da Swansea spektakulär unspektakulär ist, mache ich nur ein einziges Foto.

Selbstverständlich ist hier alles zweisprachig beschriftet

Am nächsten Morgen machen wir uns zu dritt mit dem Bus auf den Weg zum Bahnhof. In Wales läuft der gesamte Bahnbetrieb unter der Marke Transport for Wales/Trafnidiaeth Cymru. 150er gibt es hier natürlich auch, unser Zug ist aber ein geradezu niedlicher 153er:

150er von Transport for Wales in Swansea
153er von Transport for Wales für die Fahrt über die Heart of Wales Line

Der Zug füllt sich relativ gut, wir ergattern noch Plätze an einem Tisch, die aber trotzdem relativ eng sind. Wir fahren zunächst über die Hauptstrecke an der Südküste. Die Zub-in kontrolliert unsere Fahrkarten und verspricht, sich zu merken, dass wir am Bedarfshalt Hopton Heath aussteigen wollen. In Llanelli wechseln wir die Fahrtrichtung und biegen auf die eigentliche Heart of Wales Line ab. Auch hier weiß ich jetzt endlich, wie das walisische LL korrekt ausgesprochen wird, nämlich ungefähr wie ein l und ein ch wie in ich gleichzeitig.

Und so tuckern wir dann durch das Herz von Wales. Natürlich war auch diese Strecke von der Stilllegung bedroht, in diesem Fall blieb sie verschont, weil die Wahlkreise, durch die sie führt, zwischen den beiden großen Parteien umkämpft war, und weil sie noch lange einen nennenswerten Güterverkehr aufwies. Den gibt es allerdings heute nur noch bei Umleitungen, wenn eine der Hauptstrecken gesperrt ist. Sonst haben die wenigen Personentriebwagen die Strecke für sich. Die werden allerdings durchaus genutzt, anscheinend viel von Wanderern, aber auch von Einheimischen. Die Landschaft ist ganz ähnlich der in Südengland, insgesamt hatten wir sie uns etwas spektakulärer vorgestellt.

Der hübsch hergerichtete Bahnhof in Dolau
Natürlich muss dokumentiert werden, dass die Queen schon hier war
Typische Landschaft an der Heart of Wales Line

In Hopton Heath, schon wieder in England, steigen wir aus. Hier hat mein Freund ein Teehaus aufgetan, in dem wir Erwachsenen bis zum nächsten Zug in zweieinhalb Stunden einen Afternoon Tea genießen und die Tochter sich auf dem Spielplatz und beim Tierestreicheln vergnügen kann.

Beim Afternoon Tea lassen sich vor allem die „Beilagen“ sehen 🙂

Praktischerweise liegt das Teehaus nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt, entlang eines urigen Weges zwischen den Schienen und hohen Hecken. Rechtzeitig vor dem nächsten Zug gehen wir wieder zurück. Mein Kumpel macht noch ein Bild von mir auf dem Bahnsteig:

Jetzt fahren wir nur noch etwa 40 Minuten, diesmal in einem 150er. In Craven Arms treffen wir wieder auf die Hauptstrecke, und kurze Zeit später erreichen wir Shrewsbury, wo uns unsere Freundin abholt. In den nächsten Tagen sind wir, insgesamt mit neun Freunden, leider nur mit dem Auto unterwegs, sehen dafür aber viel von Shropshire, einer außerhalb Großbritanniens vermutlich eher unbekannten Grafschaft: Am ersten Tag sind wir in Blists Hill, einem Freilichtmuseum, das an die viktorianische Zeit erinnert.

Am nächsten Tag geht es in die Hauptstadt Shrewsbury. Deren Altstadt liegt auf einer Halbinsel, um das der Fluss Severn fast eine 360-Grad-Kurve macht. Über den Severn führen zwei Brücken, die nach den Richtungen, in die sie führen, English und Welsh Bridge heißen. Zwischen den Brücken machen wir eine Schiffsfahrt und erfahren, dass die reichen Leute auf der Halbinsel den Namen der Stadt „Shrowsbury“ aussprechen und alle anderen „Shrewsbury“. Ob das so stimmt, sei dahingestellt, es gibt jedenfalls tatsächlich beide Aussprachen. Da Charles Darwin in der Stadt geboren ist, ist unter anderem nahe dem Schiffsanleger ein Spielplatz nach ihm benannt. Ob auf diesem die natürliche Auslese gefördert werden soll, ist unklar.

Schaufenster an einem Weihnachtsladen in Shrewsbury
Schaufenster an einem Weihnachtsladen in Shrewsbury
Die English Bridge

Zum Abschluss unseres Kurzurlaubs fahren wir noch zum Long Mynd, einer recht imposanten Hügelkette, und machen dort eine kurze Wanderung. So in etwa hatte ich mir das Heart of Wales vorgestellt. Ich glaube, die höheren Berge gibt es dort auch, aber ohne Bahnanschluss.

Fortsetzung folgt!

Heart of Britain (2)

Im ersten Teil habt ihr mich von Bremen über Weymouth nach Plymouth begleitet. Die Stadt nutze ich vor allem als Stützpunkt, um von dort aus Cornwall zu erkunden, wo ich 1994 und 1996 mit meiner und einer befreundeten Familie Urlaub gemacht habe. Da wir damals fast nur mit dem Auto unterwegs waren, will ich den südwestlichsten Zipfel Englands endlich mal per Bahn kennen lernen, vor allem die Nebenstrecken, die immer wieder als besonders sehenswert beschrieben werden.

Die beiden wohl schönsten will ich an diesem Tag befahren. Dazu fahre ich über die Royal Albert Bridge, die Devon und Cornwall verbindet und immerhin schon 1859 eröffnet wurde, nach Liskeard. Der Vorteil einer Zugfahrt ist auch, dass ich jetzt endlich weiß, wie die Ortsnamen, die ich immer nur auf der Landkarte gesehen habe, richtig ausgesprochen werden, in diesem Fall „Liskard“. In Liskeard zweigt die Looe Valley Line nach Looe ab, die durch das malerische gleichnamige Flusstal führt. Sie hat einen eigenen kleinen Bahnhof, der quer zum Bahnhof der Hauptstrecke liegt. Dort wird auf Infotafeln die Geschichte der Strecke erzählt: Ursprünglich führte die Strecke von Looe nach Moorswater und hatte keine Verbindung zur Hauptstrecke, die hier viel höher liegt. Diese kam erst durch eine steile Hufeisenkurve hinzu, für die der Zug die Richtung wechseln muss. Wegen der zunehmenden Konkurrenz des Autos in den 1960er-Jahren sollte auch diese Strecke stillgelegt werden. Es gab sogar schon einen Termin dafür, aber die damalige Verkehrsministerin entschied in letzter Minute, dass die Strecke erhalten bleibt, um die engen Straßen in der Region nicht noch weiter zu belasten – eine für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Entscheidung.

Der Bahnhof der Looe Valley Line in Liskeard

Heute fahren die Züge annähernd im Stundentakt, sonntags seltener und nur im Sommer. Durch die Fahrzeit von knapp 30 Minuten entstehen sehr kurze Wendezeiten, Kreuzungsmöglichkeiten gibt es auf der Strecke nicht. Um den Fahrplan etwas zu entspannen, werden die vier Zwischenhalte, die ohnehin sehr wenig Fahrgastaufkommen haben, nicht immer bedient.

Der Zug (ein Doppeltriebwagen der Class 150) ist recht gut gefüllt, ich finde aber wieder problemlos einen Sitzplatz. Zunächst fahren wir die Hufeisenkurve hinunter, unter dem Viadukt der Hauptstrecke durch, bis wir auf die eigentliche Strecke treffen. Einige Züge fahren hier noch ein paar hundert Meter weiter bis zum Haltepunkt Coombe Junction, mein Zug hat nur einen Betriebshalt direkt am Abzweig. Der Zub muss hier aussteigen und die Weiche manuell stellen, dann geht es weiter Richtung Looe. Unterwegs hat man einen schönen Blick auf das Flusstal. Unterwegs gibt es einen , vor dem der Zug anhalten und pfeifen muss und erst dann weiterfahren kann.

Im Looe Valley

In Looe angekommen, laufe ich bis zum nächsten Zug ein wenig durch den Ort, den ich auch schon 1994 besucht habe. Er ist recht malerisch und natürlich recht gut mit Touristen gefüllt. Etwas ärgerlich ist, dass Autos von Anliegern durch die engen Straßen fahren dürfen, Besucher müssen aber am Ortsrand parken.

In den Gassen von Looe
Der Hafen von Looe

Eine gute Stunde später mache ich mich auf den Rückweg. Dank meiner Strategie, immer auf der in Fahrtrichtung gleichen Seite zu sitzen (meistens auf der mit potenziellem Gegenverkehr, hier also rechts) ist die Aussicht auf der Rückfahrt eine ganz andere, auch wenn ich dieselbe Strecke fahre. In Liskeard habe ich ein wenig Zeit zu meinem Anschlusszug, der mich weiter hinein nach Cornwall bringt. Diesmal fahre ich bis St Erth, wo die Nebenstrecke nach St Ives abzweigt. Leider hat auch diesmal mein Zug Verspätung, so dass ich den Anschluss gerade noch abfahren sehe. Ein Schild weist darauf hin, dass auch hier die Wendezeiten kurz sind und die Züge daher nicht warten können. Die Strecke har zwar ebenfalls keine Kreuzungsmöglichkeit, ist aber sehr kurz (knapp 7 Kilometer). Daher kann hier in der Saison sogar im Halbstundentakt gefahren werden, ich muss also nicht lange warten.

Da St Ives bei Touristen sehr beliebt ist, ist die Strecke deutlich stärker frequentiert als die nach Looe, zumal Autofahrer angehalten sind, bereits in St Erth zu parken. Daher wird nicht nur im Halbstundentakt, sondern auch mit zwei Doppeleinheiten 150er gefahren. Die füllen sich tatsächlich auch gut, stehen muss aber niemand. Da ich wieder rechts sitze, ergibt sich ein atemberaubender Blick auf die Küste.

Küste bei St Ives aus dem Zug gesehen

Vom Bahnhof St Ives ist der Weg in den Ort deutlich länger als in Looe. Da ich mit dem nächsten Zug wieder zurück fahren will, laufe ich nicht ganz bis ins Zentrum. Der beste Blick auf den Ort ergibt sich ohnehin aber schon vorher:

Blick auf St Ives

Nachdem es beim Aussteigen aus dem Zug bewölkt war, kommt jetzt die Sonne wieder heraus, und ich stelle fest, dass ich wohl meine Kappe im Zug vergessen habe. Da ja immer derselbe Zug auf der Strecke pendelt, hoffe ich, sie dort noch zu finden, und versuche mich zu erinnern, wo ich gesessen habe. Als der Zug kommt, finde ich die Kappe tatsächlich in der Gepäckablage – Glück gehabt!

Formsignale im Bahnhof St Erth, links Halt, rechts Fahrt. Es handelt sich um sogenannte „lower quadrant“-Signale, da sie in der Fahrtstellung nach unten zeigen. Um zu verhindern, dass sie bei gerissenem Draht auf Fahrt fallen, sind Gegengewichte eingebaut.

Im Anschlusszug zurück nach Plymouth finde ich die Reservierungsanzeigen interessant. Sie zeigen nicht nur an, von wo bis wo der Platz reserviert ist, sondern auch die Folgereservierung. Vor allem aber kann man durch eine rote oder grüne LED sofort sehen, ob der Platz überhaupt reserviert ist.

Blick auf die kornische Landschaft aus dem Zugfenster
Egal, was die Briten sagen – die Deutschen sind ihnen heilig 😉

Da ich wiederum rechts sitze und vor der Royal Albert Bridge eine scharfe Kurve kommt, kann ich davon ein Foto aus dem Zug machen. Sie ist ein Werk von Isambard Kingdom Brunel, des Chefingenieurs der Great Western Railway, der auch andere Verkehrsbauwerke wie einen Themsetunnel entworfen hat, der heute von London Overground genutzt wird.

Schier endlose britische Reihenhäuser in Plymouth

Zurück in Plymouth, hole ich mir wieder Essen beim Takeaway, diesmal ein Hähnchencurry, das in der Form wohl typisch britisch ist. Prompt werde ich in der Gemeinschaftsküche wieder von den Hunden angebellt und von der Besitzerin aufgeklärt, dass die Hunde aufgrund schlechter Erfahrungen Angst vor Männern hätten.

Für den nächsten Tag hatte ich bei der Vorbeifahrt an der Sea Wall überlegt, dorthin zu fahren und Bilder zu machen. Leider ist dann morgens der Himmel grau, und es regnet die meiste Zeit. Ich überlege, ob ich trotzdem fahren soll, erfahre aber, dass der Zug Richtung Exeter ausfällt. Zur Zeit befinden sich die britischen Bahngewerkschaften im Arbeitskampf. Die drei großen Aktionstage Mitte und Ende Juli verpasse ich zum Glück, es kann aber vorkommen, dass einzelne Züge ausfallen, da die Mitarbeiter Überstunden verweigern. Dieser Zug ist wohl ein Opfer davon, also disponiere ich um und fahre zu einer weiteren kornischen Nebenstrecke, der von Par nach Newquay. Der Zug dorthin fährt nicht nur, sondern ist auch pünktlich. In Par bekomme ich mit, wie ein High Speed Train der Great Western Railway in der Gegenrichtung hält, was auch andere Eisenbahnfotografen anzieht.

High Speed Train der GWR in Par

Die GWR hat die betagten Züge renoviert und setzt sie als Kurzeinheiten mit je sechs Wagen zwischen zwei Triebköpfen auf Mittelstrecken ein. Die Einheiten wurden nach Schlössern benannt und heißen deswegen auch „Castle HSTs“. Mein Zug nach Newquay ist aber, wie schon auf den anderen Nebenstrecken, wieder ein 150er, diesmal wieder solo.

Triebwagen der Class 150 in Par
Innenansicht eines 150ers
Klare Ansage: Hintern auf die Sitze bitte, Schuhe auf den Boden

Der Zug rumpelt los und hält nach kurzer Zeit in St Blazey wieder an. Hier ist zwar kein Verkehrshalt, die Strecke wird aber eingleisig. Vermutlich muss der Tf hier den Token abholen, die Berechtigung, dass er die Strecke befahren darf. Die besteht tatsächlich aus einem Metallstab, der physisch weitergegeben wird. Weiter fährt der Zug durch sehr idyllische grüne Landschaft, in der immer wieder die Blätter gegen die offenen Fenster schlagen. Erster Halt ist Luxulyan, den Namen fand ich immer faszinierend, seit ich ihn als Teenager das erste Mal auf der Landkarte gesehen habe.

Endlich sehe ich es mal live

Der offizielle Beiname der Strecke ist Atlantic Coast Line, da die Strecke aber ziemlich in der Mitte einmal quer über die Halbinsel verläuft, würde Heart of Cornwall auch sehr gut passen. Es gibt auch verschiedene Landschaften zu sehen, nach dem wildromantischen Luxulyan Valley wird es deutlich flacher. Nicht weit entfernt sieht man aber recht hohe Berge, dort wird Kaolin (Porzellanerde) abgebaut. An der Goonbarrow Junction kreuzen wir einen Kaolinzug, der von einer DB-Lok gezogen wird.

Bei der Ankunft in Newquay hat die Vorbeifahrt an den Bäumen ihre Spuren im Zug hinterlassen:

Blätter im Zug

Vor allem wegen des Wetters überlege ich, ob ich überhaupt aussteigen soll. Aber da ich nun schon mal da bin, erkunde ich ein wenig die Stadt, die aber tatsächlich nicht übermäßig interessant ist. Ein netter Anblick ist aber das Haus auf einem Felsen am Strand, das nur über eine Hängebrücke erreichbar ist.

Solche „Spielhallen“ gibt es überall an der britischen Küste. Gewinnen kann man maximal eine Kleinigkeit, daher sind sie auch bzw. sogar vorwiegend für Kinder offen.

Die Zeit (insgesamt knapp zwei Stunden) bis zum nächsten Zug zurück wird mir nun doch etwas lang, also laufe ich schon mal zum Bahnhof. Da steht der Zug tatsächlich schon, und interessanterweise ist es ein Ferntriebwagen der Baureihe 802. Newquay hat nämlich einmal am Tag eine Direktverbindung von und nach London, so dass ich zurück nach Plymouth nicht umsteigen muss. Und es ist noch genug Zeit, ein Bild vom Zug zu machen, auch wenn sich das Personal vermutlich wundert, warum ich zum Bahnsteigende tigere.

Class 802 in Newquay

Wie es sich für einen Fernzug gehört, gibt es auch ein gastronomisches Angebot in Form eines Trolleys. Bei dessen Personal bestelle ich einen Kaffee. Während ich den schon bezahle (nur Karte möglich), teilt mir die Servicemitarbeiterin mit, dass das Wasser noch nicht warm genug sei und sie später noch mal wiederkämen. Das tun sie dann irgendwo hinter Par auch. Leider schmeckt der Kaffee so ziemlich nach gar nichts, was ich darauf schiebe, dass Großbritannien halt ein Teeland ist.

Auf der Fahrt überlege ich, was ich mit dem angebrochenen Nachmittag noch mache. Ursprünglich hatte ich vor, in der Nähe von Plymouth das Ferienhaus zu besuchen, in dem wir 1994 gewohnt haben, aber bei dem Wetter macht das keinen Spaß. Stattdessen fahre ich eine weitere Nebenstrecke, die als sehenswert gilt, nämlich die Tamar Valley Line von Plymouth nach Gunnislake. Als Ausgleich für die verpassten Anschlüsse der letzten Zeit klappt der Dreiminutenanschluss in Plymouth (offiziell natürlich gar keiner), und der 150er tuckert zurück Richtung Cornwall. Noch vor der Royal Albert Bridge biegen wir aber ab und holen wieder einen Token, bevor es dann unter der Brücke durch und am Fluss entlang geht. Am spektakulärsten an der Strecke dürfte der Viadukt von Calstock sein, von dem man einen schönen Blick auf den Ort und den Tamar hat. Fotos mache ich angesichts des Wetters aber nicht. Ebenso spektakulär ist, wie langsam der Zug zwischen Bere Alston und der Endstation fährt. Hier steige ich aber nur ganz kurz aus und setze mich sofort wieder in den Zug. Auch auf der Rückfahrt geht es sehr langsam voran, was am starken Gefälle liegen mag. In Bere Alston wechseln wir wie auf der Hinfahrt die Fahrtrichtung, weil die Strecke aus den Reststücken von zwei alten Strecken besteht.

Zurück in Plymouth regnet es zwar immer noch, ich laufe aber trotzdem noch ein wenig durch die Innenstadt. Die hat schon bessere Zeiten gesehen, immerhin hat man von „The Hoe“ aber einen ganz guten Blick aufs Meer. Da ich weder Lust auf Takeaway noch auf die Gemeinschaftsküche habe, esse ich beim German Döner Kebab, wo anscheinend versucht wird, eine deutsche Dönerbude als internationale Systemgastronomie nachzubauen. Dann besorge ich noch beim Tesco einen Nachtisch und gehe zurück ins Appartement.

The Hoe

Fortsetzung folgt!

Heart of Britain (1)

Anfang Juli ging es endlich mal wieder nach Großbritannien: Die Idee war, zuerst ein bisschen alleine in Südwestengland herumzufahren, wo ich vor 30 Jahren die ersten Male meinen Fuß in das Land gesetzt hatte, dann zum ersten Mal Wales zu besuchen und dann zu der Freundin zu fahren, die schon länger in England wohnt, inzwischen nahe der walisischen Grenze. Für die Fahrt kaufe ich mir ein „7 Tage in 1 Monat“-Interrail und die nötigen Reservierungen für den Eurostar. Auch im ICE nach und von Brüssel reserviere ich, da das im Sommer dringend empfohlen wird.

Einige Zeit vor der Reise checke ich noch mal die Verbindung für die Anreise, und siehe da: Statt um 7:44 Uhr muss ich nun schon um 6:44 Uhr losfahren, um den gebuchten Eurostar zu erreichen. Der Grund dafür ist, dass der ICE nach Brüssel zwischen Köln und Aachen wegen Bauarbeiten umgeleitet wird. Meine Reservierung im ICE Bremen–Köln ist damit wertlos, auf eine Diskussion mit der DB um eine kostenlose Umbuchung will ich mich aber nicht einlassen, da ich um diese Uhrzeit mit keiner hohen Auslastung rechne.

Das bewahrheitet sich dann auch: Zwar sind keine Reservierungen angezeigt, so dass ich zwischendurch einmal den Sitzplatz wechseln muss, ich habe aber während der ganzen Fahrt einen. Pünktlich ist selbige auch, so dass ich die knappe Stunde Übergangszeit in KK in der Lounge verbringen kann. Der Anschluss-ICE ist tatsächlich voll, so dass sich die Reservierung lohnt, vor allem aber vorhanden – im ICE-Treff hatte ich über die momentan unterirdische Fahrzeugverfügbarkeit der Mehrsystem-ICE gelesen. Nachdem wir auch pünktlich abfahren, glaube ich, damit das Gröbste hinter mir zu haben. Nach der Umleitung über Rheydt Hbf, wo wir die Fahrtrichtung wechseln (zumindest teilweise eine neue Strecke für mich) erreichen wir Aachen, wo wir nach einem weiterem Richtungswechsel weiter nach Belgien fahren sollen.

Doch daraus wird nichts: Uns wird mitgeteilt, dass sich der ablösende Tf krank gemeldet habe und der Zug mangels Reserve außerplanmäßig hier ende. Als Ersatzverbindung werden wir auf den Regionalzug eine Dreiviertelstunde später verwiesen. Ich habe leise Zweifel, dass die Fahrgäste eines vollbesetzten ICE dort hineinpassen, und genauso ist es dann auch: Obwohl sich in dem alten Triebwagen die Leute geradezu stapeln, passen sie nicht alle hinein. Da ich mich gar nicht erst ins Gedränge gestürzt hatte, trifft das auch mich. Um nicht eine Stunde warten und dann auf den recht knappen Anschluss in Welkenraedt hoffen zu müssen, besinne ich mich mithilfe des Navigators darauf, dass es von Aachen auch einen Bus nach Eupen gibt, wo ich den belgischen IC nach Brüssel bequem erreichen kann.

In so einen Triebwagen versuchten sich sämtliche Passagiere des gestrandeten ICE zu quetschen (Aufnahme von meiner Rückfahrt)

Das funktioniert dann auch, und da auf die Idee sonst niemand gekommen war, habe ich im IC freie Platzwahl:

Leerer IC von Eupen nach Brüssel

Auf diese Weise kann ich auch mal wieder die alte, sehenswertere Strecke durch das Tal der Weser (Vesdre) fahren und werde nacheinander gleich von drei Zugbegleitern kontrolliert.

In Brüssel angekommen, ist natürlich die spannende Frage, wie leicht ich meine Reservierung für den Eurostar umbuchen kann. Ich hatte gehört, dass man da sehr kulant ist (es gibt dafür die Regelung HOTNAT=Hop on the next available train), aber dazu müssen natürlich auch noch Plätze verfügbar sein. Tatsächlich interessieren die Frau am Check-in meine Gründe nicht großartig (wahrscheinlich bin ich an dem Tag auch nicht der erste), sie kann mich aber erst auf den übernächsten Zug umbuchen. Nach kurzer Recherche stelle ich fest, dass ich mein Tagesziel Weymouth dann noch erreichen kann und sage im Hotel Bescheid, dass es später wird. Immerhin habe ich so noch Zeit für belgische Pommes und ein paar Fotos von den örtlichen Verkehrsmitteln, unter anderem einem PCC-Wagen. Beim Check-in bin ich etwas enttäuscht, dass man keinen britischen Stempel in den Pass bekommt (der Freund, den ich später auf der Reise treffe, meint, den gäbe es nicht mal auf Wunsch). Dafür finde ich die automatischen Passkontrollen beeindruckend. Nach dem Einchecken versuche ich mit meinem BahnBonus-Platinstatus in die Lounge zu kommen. Der Mitarbeiter hat zwar noch keine Infos über die neuen Status, lässt mich aber rein.

PCC-Straßenbahnwagen am Brüsseler Südbahnhof

Von nun an läuft immerhin alles wieder wie geplant: Der Eurostar kommt pünktlich in London an, und dank kontaktloser Kreditkarte muss ich mich nicht am Fahrkartenautomaten der U-Bahn anstellen. So reicht die Übergangszeit von etwa 45 Minuten zum Waterloo-Bahnhof aus, so dass ich noch den 20:35 nach Weymouth erreiche. Leider sehe ich nun nur noch den Anfang der Strecke im Hellen und werde außerdem verständlicherweise recht müde. Blöderweise hatte ich außerdem beim Einsteigen nicht gesehen, dass der hintere Zugteil, in dem ich sitze, in Bournemouth endet, so dass ich noch den Platz wechseln muss. Das tue ich dann später noch mal, als in den Badeorten an der Küste einige feuchtfröhliche Gruppen einsteigen. Umso froher bin ich, als ich mit leichter Verspätung gegen 23:30 Uhr Ortszeit mein Reiseziel erreiche. Zum Glück ist es zum Hotel nicht weit, und da es gleichzeitig ein Pub ist, ist auch noch jemand da, um mich in Empfang zu nehmen, so dass ich bald ins Bett sinken kann.

Am nächsten Tag erkunde ich Weymouth, das eines der ersten Badeorte an der britischen Küste war. Viel hat sich dort in den letzten dreißig Jahren nicht verändert. Auch heute noch fahren im Sommer oben offene Doppeldeckerbusse durch die Stadt, inzwischen werden sie (nach dem Namen der fossilienreichen Küste) als „Jurassic Coaster“ bezeichnet.

Der Strand von Weymouth
Hier kann man schon etwas gewinnen, wenn man nur Müll in die Tonne wirft
Die Jubilee Clock ist eins der Wahrzeichen von Weymouth
Am Hafen
Very british
Oben offener Doppeldecker im Juli 1993 …
… und im Juli 2023

Nach einem ausgiebigen Rundgang durch die Stadt hole ich mein Gepäck aus dem Hotel und marschiere wieder zum Bahnhof. Dieser ist der Endpunkt der von der South Western Railway betriebenen Strecke von London und gleichzeitig die südwestlichste, die mit dem südostenglischen System mit 750-V-Stromschiene elektrifiziert ist. In Dorchester zweigt die nicht elektrifizierte, von der Great Western Railway betriebene Heart of Wessex Line ab, über die ich nun weiterfahren will.

Triebwagen der Class 166 für die Fahrt über die Heart of Wessex Line

Während die Londoner Strecke täglich im Stundentakt (mit überschlagener Wende in Weymouth) befahren wird, ist das Zugangebot auf der eingleisigen Heart of Wessex Line an einem Sonntag wie heute sehr überschaubar. Das hält zahlreiche Fahrgäste nicht davon ab, den Triebwagen der Baureihe 166 zu entern. Ich finde trotzdem aber noch bequem einen Sitzplatz. Der Zub ist beim Anblick meines Interrails sichtlich überrascht, akzeptiert es aber anstandslos.

Der Name der Strecke enttäuscht nicht, sie führt tatsächlich durch schöne, dünn besiedelte südenglische Landschaft. Es gibt einige Bedarfshaltepunkte, die scheinbar mitten im Nirgendwo liegen, teilweise bei unserer Fahrt aber genutzt werden. Bei Yeovil kreuzen wir ohne gemeinsamen Bahnhof die Strecke nach Exeter, ein Relikt der Frühzeit der Eisenbahn, als jede Bahngesellschaft für sich baute. In Castle Cary mündet die Strecke aber in die andere Hauptstrecke nach Exeter. Dorthin muss ich hier auch umsteigen, leider mit 50 Minuten Aufenthalt. Da das Wetter aber gerade sehr angenehm ist, gibt es Schlimmeres.

Während ich warte, füllen sich die Bahnsteige immer mehr, leider nimmt auch die Verspätung meines Anschlusszuges zu. Allerdings muss man den Briten lassen, dass sie darüber sehr gut informieren: Alle paar Minuten gibt es ein Update per Anzeige und Ansage mit der minutengenauen Verspätung. Kurz vor Ankunft des Zuges wird die Prognose von 18 auf 16 Minuten gesenkt, was dann auch ganz gut hinkommt. Leider ist damit mein Anschluss in Exeter trotzdem weg, aber da auf der Hauptstrecke die Züge recht oft fahren, verliere ich dadurch nur etwa eine halbe Stunde. Die Fahrt führt vorbei an der „Sea Wall“ bei Dawlish Warren, einer fotogenen roten Steilküste. In Plymouth angekommen, beziehe ich mein Domizil für die nächsten drei Nächte, ein Appartement direkt am Bahnhof. Wenn ich schon mal in GB bin, muss natürlich ein Essen vom Chinese Takeaway sein, das ich in der Gemeinschaftsküche meiner Unterkunft zu mir nehme. Leider bellen mich dort die Hunde eines jungen britischen Paares an, das sich dafür tausendmal entschuldigt. Zum Glück habe ich keine große Angst vor Hunden, nervig ist es aber trotzdem.

Fortsetzung folgt!

Ein Verspätungsgrund kommt selten allein

Am letzten Juniwochenende war ich mal wieder in Sachen Mensa unterwegs, diesmal nach Göttingen. Praktischerweise gibt es ja alle zwei Stunden einen direkten ICE von Bremen dorthin. Leider hat er in der Hansestadt nur eine halbe Stunde Wendezeit, so dass er größere Verspätungen in die Gegenrichtung mitnimmt. So war es auch bei meiner Hinfahrt. Erschwerend kam hinzu, dass der Zug in HH mit einem aus AH vereinigt wird, was bei den etwas in die Jahre gekommenen ICE 2 nicht immer funktioniert. So erreichte ich mein Ziel mit etwas über +60. Mit einem bahnsteiggleichen Umstieg in HH wäre es knapp weniger gewesen, aber ich ging zu Recht davon aus, dass es bis zur Weiterfahrt nicht mehr lange dauern würde.

Zum Ausgleich dafür lief dann aber auf der Rückfahrt alles wie am Schnürchen, auch die Flügelung, so dass ich HB pünktlich erreichte.

(Fast) pünktlich in die Heimat

Vorletztes Wochenende machte ich mich mal wieder auf den Weg nach Marl, weil ich dort vor nunmehr 25 Jahren mein Abitur abgelegt hatte und sich mein Jahrgang aus diesem Anlass wieder traf. Dafür setzte ich mich in einen der wenigen ICE, die von HB direkt nach ERE fahren (und dabei nicht mal in HO halten). Im Gegensatz zum Taktzug, der eigentlich kurz vorher fahren sollte, fuhr mein Zug pünktlich ab. Aufgrund von Bauarbeiten bei EHLT fuhr er sich allerdings gerade so viel Verspätung ein, dass ich den Fünfminutenanschluss an den SB 25 knapp verpasste. Das war aber kein Problem, da der ja werktags inzwischen im 15-Minuten-Takt fährt.

Auf dem Rückweg machte ich noch einen Abstecher mit dem X42, was ja im Dezember nicht geklappt hatte. Diesmal war ich – mit Umweg über den SB26 – rechtzeitig in Dorsten und konnte noch den vestischen Citaro im X-Bus-Design ablichten:

Die Fahrt selber war dafür, dass Sonntag war und der Linienweg an den Zentren von Bottrop und Oberhausen vorbei führt, recht gut besetzt. Weiter ging es mit der S3 nach EE, wo ich noch kurz die Lounge frequentierte und dann mit dem ICE 200 nach Hause fuhr, der nicht nur pünktlich war, sondern es sogar bis HB blieb.

Am darauffolgenden Donnerstag sah es mit der Pünktlichkeit schon wieder nicht mehr so rosig aus: Ich war auf dem Weg zu einem Betriebsausflug, und um in HH noch einen Puffer zu haben, hatte ich extra den IC statt des RE genommen. Der blieb prompt zwischen Verden und Nienburg mit einer technischen Störung liegen, war aber zum Glück dazu zu bewegen, gerade noch rechtzeitig genau das wieder zu tun. Ich konnte mich also doch noch den Kollegen anschließen, die auf dem Weg auf den Brocken waren, den ich ja schon vor drei Jahren besucht hatte. Auf der weiteren Fahrt klappte alles problemlos, auch der knappe Anschluss in Goslar, so dass wir mit dem gebuchten Zug auf den höchsten Berg Norddeutschlands fahren konnten, der an diesem Tag sogar mal nicht in Nebel gehüllt war.

Unser Zug vom Brocken zurück

Für den Rückweg hatten sich einige entschlossen, nach Schierke zu wandern (und landeten dort prompt an der Bushaltestelle statt am Bahnhof). Der Rest nahm den Zug direkt vom Gipfel zurück nach Wernigerode, wo wir die Wanderer wiedertrafen und wieder über Goslar zurück fuhren. In HH hätte ich problemlos den RE noch erreicht, wenn er denn pünktlich gefahren wäre. Aber wegen einer Oberleitungsstörung fuhr der ICE doch wieder früher, so dass ich eine Fahrkarte dafür kaufte und einstieg. Noch kann ich sie im Rahmen der Fahrgastrechte zum Deutschlandticket einreichen, was ich inzwischen gemacht habe.

Da aller guten Dinge drei sind, stand schon am nächsten Tag die nächste Bahnfahrt an, diesmal nach Karlsruhe zum → Kombilösen, einer Rätselschnitzeljagd ähnlich der Dortmunder Nachtschicht. Mit Teamkollege Ole setzte ich mich mittags in den ICE nach Mannheim, nachdem wir es nicht mehr geschafft hatten, uns für den verspäteten direkten ICE zu koordinieren. Unser Zug sammelte nach fast pünktlicher Abfahrt auch immer mehr Verspätung ein, unter anderem durch eine Stellwerksstörung in Wuppertal. „Höhepunkt“ war, dass wir in FFLF wegen Überfüllung nicht weiter fahren konnten. Bei uns in Wagen 1 war davon nichts zu merken, die Fahrgäste mussten sich also „nur“ besser verteilen. Nachdem sie das getan hatten, ging es weiter. Unser Anschluss in RM war natürlich weg, der nächste war kurioserweise der Zug, den wir in Bremen hatten fahren lassen und der auf dem Weg über Essen noch mehr Verspätung eingesammelt hatte als wir über Wuppertal. So erreichten wir RK letztendlich mit etwa +30. Kurios: Das war auch die Endstation des Zuges, obwohl das FIS beharrlich behauptete, er führe nach Basel SBB.

Auf den Weg zurück machten wir uns am Sonntag wieder mit dem 200, der diesmal allerdings nur bei der Abfahrt mit Pünktlichkeit glänzte. Bis HB sammelte er durch verschiedene kleine Ursachen – unter anderem einen „Liegenbleiber“ zwischen KD und EDG – +30 ein, also letztendlich dasselbe wie auf der Hinfahrt. Immerhin gab es diesmal keinen Anschluss, den wir verpassen konnten.

Am Rhein und auf der Heide

Zwei Urlaubs- und eine Spaßtour waren im Mai angesagt: Mitte des Monats ging es nach Düsseldorf. Dummerweise war für den Anreisetag der große EVG-Streik angekündigt, so dass wir uns darum kümmerten, bereits einen Tag früher in die Unterkunft zu kommen und Plätze in einem der wenigen ICE zu reservieren, die noch nicht als „ausgebucht“ gekennzeichnet waren. Nach der kurzfristigen Absage des Streiks änderten wir unsere Pläne nicht noch einmal, sondern stiegen am Sonntagnachmittag in den ICE, der zwar etwas länger brauchen, aber dafür sogar ohne Halt von HB bis EE fahren sollte. Das tat er interessanterweise über die „NATO-Bahn“ Nienburg-Minden. Der Füllungsgrad und die Verspätung hielten sich in Grenzen, bis der Zug kurz hinter Hamm stehen blieb, weil vor ihm ein anderer liegen geblieben war. Das hatte zur Konsequenz, dass wir wieder nach Hamm zurückfahren und dort obendrein Fahrgäste aus dem anderen Zug aufnehmen mussten. Gut, dass wir vorher noch im Bordrestaurant gegessen hatten … Nachdem diverse Züge vor uns abfahren durften, ging es irgendwann auch für uns weiter, wobei ich dann zum dritten Mal innerhalb etwa eines Monats die Strecke Hamm–Lünen zu sehen bekam. Letztendlich erreichten wir KD mit etwas über +120 und die Ferienwohnung mit dem Bus. Dafür, dass der Zugang dort sich auch noch etwas schwierig gestaltete, kann zumindest die Bahn nichts. Trotzdem wurde es eine schöne Woche in der Landeshauptstadt, an deren Ende wir uns mit EC 8 wieder auf den Weg zurück an die Weser machten. Der war vorher rechtsrheinisch umgeleitet worden und hatte daher durchgängig knapp +30, aber davon abgesehen war die Fahrt im Panoramawagen ein Genuss.

Nachdem wir am Wochenende schon wieder in Bremen waren, nutzte ich den Sonntag für die Spaßtour: Diesmal wollte ich die Nord-Süd-Strecke des Heidekreuzes, also Hannover–Buchholz fahren. Normalerweise fahren die Züge am Wochenende weiter über die Güterstrecke nach Hamburg-Harburg, aber diesmal fiel das wegen Bauarbeiten aus. Also stieg ich schon in der Nordheide um, nachdem ich vorher ausgiebig den Blick aus dem Fenster genossen hatte. Der war zwar auch nicht spektakulär, aber doch etwas interessanter als zwischen Bremen und Uelzen.

Über Pfingsten war ich, wie so oft, bei der Pfingstakademie in Kirchheim (Hessen). Die dafür nötige Anreise nach Bad Hersfeld trat ich diesmal wieder vollständig mit dem Zug an, und zwar mit dem ICE von HB bis FKW und weiter mit dem RE 5. Auf der Hinfahrt klappte das prima, sieht man davon ab, dass in FKW im letzten Moment jede Menge Fahrgäste, unter anderem zahlreiche Akademieteilnehmer, angerannt kamen und dem Zug somit +5 verpassten. Auf der Rückfahrt fiel der RE 5 wegen Personalmangels ganz aus. Wir erreichten FBHF aber so rechtzeitig, dass wir noch die vorausfahrende RB 5 nehmen konnten und in FKW sogar noch Zeit zum Essen hatten. Der ICE, der wegen der Sanierung der SFS ohne Halt über dieselbe Strecke umgeleitet worden war, traf sogar mit mehr als –10 ein. In HH gab es leider eine Verzögerung beim Trennen der beiden Zugteile nach AA und HB, die sich bis zum Endbahnhof aber nur mit etwa +10 auswirkte.

Nachtschicht – diesmal für weniger Fahrpersonal

Mal wieder war Dortmunder Nachtschicht angesagt: Praktischerweise fahren die direkten Züge von Bremen jetzt wieder stündlich, so dass ich zusammen mit dem anderen Bremer Teilnehmer mehr Auswahl hatte. Die Hinfahrt endete nahezu pünktlich, die Rückfahrt mit etwa +10 – insofern bemerkenswert, als wir EDO mit fast +30 verlassen hatten, aber unterwegs wegen diverser Baustellen (unter anderem wieder mit Umleitung über die Hamm-Osterfelder Bahn) ein ordentlicher Fahrzeitzuschlag vorhanden war.

Bei der Nachtschicht selber ergab sich das Problem, dass die Nachtexpresse wegen Personalmangels recht kurzfristig um eine Fahrt reduziert worden waren. Nach dem Bus um 1.30 Uhr gab es also erst wieder einen um 3.30 Uhr, was viele Teams (meins zum Glück nicht) vor die Wahl stellte, entweder eine Stunde von Oespel nach Hombruch zu laufen oder bis zu zwei Stunden auf den nächsten Bus zu warten. Eine von vielen Unwägbarkeiten bei der Planung der Nachtschicht. Letztendlich war es aber wieder eine gelungene Veranstaltung, nicht nur weil wir zu den Preisträgern gehörten ;-).

Deutschlandticket-Willkommensfahrt

Geradezu revolutionär: Seit dem 1. Mai gibt es ein Ticket für alle öffentlichen Nahverkehrsmittel in Deutschland für den Preis von 49 Euro im Monat, wenn auch (eigentlich) nur als Abo. Ein solches habe ich (in Form eines vergünstigten Jobtickets) abgeschlossen und machte mich am ersten Geltungstag gleich mal auf den Weg, um den „waagerechten“ Balken des Heidekreuzes von Bremen nach Uelzen zu fahren. Wegen der Bauarbeiten in Sebaldsbrück war ein Umstieg am eigentlichen Beginn der Strecke in Langwedel nötig. Von da ging es erst mal gut 20 Minuten ohne Halt durch die Landschaft bis Visselhövede, der Zwischenhalt in Kirchlinteln soll aber reaktiviert werden. Nächster Halt war Soltau, wo sich die beiden „Balken“ kreuzen und Anschluss in Richtung Hannover und Buchholz (–Hamburg-Harburg) besteht. Da sich die Strecken niveaufrei kreuzen, gab es mit letzterem Zug sogar eine schöne Parallelausfahrt.

Viel Heide gab es auf der Strecke leider nicht zu sehen, bei der nächsten Tour teste ich mal, ob das auf der Nord-Süd-Strecke anders ist. Der Höhepunkt diesmal war aber der Hundertwasser-Bahnhof in Uelzen:

Nach kurzem Check der Optionen für die Weiterfahrt beschloss ich diesen allerdings schon nach knapp zwanzig Minuten auf demselben Weg zu verlassen, auf dem ich gekommen war. Praktischerweise konnte ich nun auf der anderen Seite sitzen (also wiederum in Fahrtrichtung links) und damit etwas andere Eindrücke sammeln. Überrascht war ich, als wegen des Baufahrplans ein 40-minütiger Halt in Soltau angekündigt wurde. Den konnte ich immerhin nutzen, um ein Bild vom Zug zu machen – alter Wein in neuen Schläuchen, da auf dem Lint der Landesnahverkehrsgesellschaft einfach das Erixx- durch ein Start-Logo ersetzt worden war:

Gemütlich ging es wieder zurück nach Langwedel, wo der Anschluss nach Bremen in dieser Richtung durch den Zusatzhalt des RE sichergestellt wurde. Der hatte +20 und war einem ersten Mai und gleichzeitig ersten Deutschlandticket-Tag angemessen sehr gut gefüllt. Einen Sitzplatz gab es für mich daher nur auf der Wandverkleidung, aber für das kurze Stück bis HB reichte das, so dass ich die erste Tour mit dem neuen Ticket als recht erfolgreich verbuchen konnte. Obendrein nutzte ich selbiges auch noch für die sehr kurze Fahrt nach Hause (eine Haltestelle Bus oder Straßenbahn verkürzt den Laufweg etwas).

Stuttgart 23

Stuttgart 21 – unter diesem Namen sollte in der Schwabenmetropole vor zwei Jahren nicht nur die Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs, sondern auch das Mensa-Jahrestreffen stattfinden. Aus bekannten, jeweils unterschiedlichen Gründen lässt der Bahnhof noch zwei Jahre auf sich warten, während das Jahrestreffen am letzten Wochenende stattfand. Bei der Anreise nutzte ich mein neues Büro in Hannover als Zwischenstopp, bevor ich nach Feierabend den ICE bestieg. Dieser fuhr leicht verspätet gen Süden. Hinter Kassel wunderte ich mich, dass es noch so lange bis Fulda dauern sollte, als der Zug plötzlich in Langenschwarz rechts ran fuhr und die Ansage kam, dass wir hier erst mal stehen bleiben würden. Aufkommendes Gemurre unter den Mitreisenden wurde durch den Hinweis erstickt, dass das im Fahrplan bereits eingerechnet sei. Und genauso war es auch: Ab Fulda war die Verspätung quasi nichtexistent. Der Grund für die kuriose Aktion: Man wollte den Streckenabschnitt eigentlich zwecks Sanierung sperren, hat dann aber übersehen, dass mit der Main-Weser-Bahn eine wichtige Umleitungsstrecke zeitgleich gesperrt war. Also wurde die Sperrung verschoben, für die Anpassung der Fahrpläne blieb aber keine Zeit mehr. In RM musste ich in einen leider nicht ganz so pünktlichen Anschlusszug umsteigen, so dass ich mein Ziel leider mit etwa +15 erreichte.

Dass der neue Bahnhof noch nicht fertig ist, eröffnete mir allerdings die Gelegenheit, im Rahmen des Jahrestreffens die Baustelle zu besichtigen. Von den mehreren angebotenen Touren entschied ich mich für die zum Tunnelzulauf, weil ich den (im Gegensatz zur Bahnsteighalle) im fertigen Zustand nicht mehr so intensiv sehen werde. Auf die Baustelle für Letztere gab es aus dem Infoturm aber natürlich auch einen Blick zu erhaschen:

Baustelle für die Bahnsteighalle von Stuttgart 21

Vor dem Betreten der Baustelle mussten wir uns erst mal standesgemäß kleiden:

Im Tunnel gab es unter anderem die Unterlegscheiben zu sehen, die zur Stoßdämpfung unterhalb der Schienen verbaut werden. Die beiden unterschiedlichen Farben stehen dabei für unterschiedliche Stärken.

Unterlegplatten für die Feste Fahrbahn im Tunnel von Stuttgart 21

Gut zu sehen war, wo die Tunnelbauweise von bergmännischer (für die freie Strecke) auf offene (für die Bahnsteighalle) wechselt:

Die Schienen liegen größtenteils bereits und werden auch schon von Bauzügen befahren. Daher stehen an manchen Stellen auch Sh2-Tafeln:

Zum Abschluss gab es noch ein Fass mit Thermit zu sehen, dem Stoff, mit dem die Schienen geschweißt werden:

Die Zeit bis zur Abfahrt am Sonntagmittag nutzte ich noch für die Erkundung der bereits in Betrieb befindlichen Teile des Stuttgarter ÖPNV, unter anderem die neuen Wagen der Zahnradbahn:

Wagen der vierten Generation der Stuttgarter Zahnradbahn an der Talstation Marienplatz

Danach musste ich mich dann doch etwas sputen, um trotz der langen Wege durch die Baustelle den ICE noch zu erreichen, was mir aber letztendlich problemlos gelang. Dass ich nachträglich noch einen Platz reserviert hatte, erwies sich als sehr gute Idee, denn bis etwa KD war durch die Gänge kaum ein Durchkommen. Danach konnte ich endlich ins Bordbistro gehen und mir Verpflegung holen, ohne daran zu denken, dass ich zurzeit dank Platin-Status Rabatt und Freigetränke habe. Dafür gab es zwischen Dortmund und Münster ganz ohne Aufpreis die Umleitung über die Hamm-Osterfelder Bahn zu sehen, von der mir jetzt nur noch der (allerdings wohl praktisch nie von Personenzügen befahrene) Mittelteil fehlt. Leider dauerte die Umleitung etwas länger als die veranschlagte Zeit, und bei Kirchweyhe war auch noch eine Person im Gleis, so dass wir HB mit etwa +25 erreichten. Aber zum Glück musste ich ja nicht umsteigen und konnte direkt zur Freundin laufen.